
Die Prozession am Fronleichnamsfeste, bei der das Allerheiligste zu vier Altären im Freien getragen wird, um unsern Glauben an die Gegenwart Christi im hl. Altarssakrament öffentlich zu bekennen.
Das altdeutsche Wort „Fronleichnam" heißt „Des Herrn Leib". Das Fronleichnamsfest ist am Donnerstag nach dem Dreifaltig-keitssonntag, also in der zweiten Woche nach dem Pfingstfeste, weil die hl. Apostel bald nach der Sendung des Hl. Geistes den Leib des Herrn auszuspenden anfingen.
Auch will die Kirche durch die Feier dieses Festes (die bald nach dem Feste Christi Himmelfahrt stattfindet) sagen: Christus ist zwar in den Himmel aufgefahren; trotzdem haben wir keine Ursache zur Trauer, denn er ist im hl. Altarssakrament noch immer bei uns.
Das Fronleichnamsfest besteht seit ungefähr 600 Jahren. Es wurde zuerst in Belgien eingeführt vom Bischof von Lüttich zufolge einer göttlichen Offenbarung, welche die sel. Juliana, eine Klosterfrau zu Lüttich, hatte (um 1250), und bald darauf (1264) vom Papste Urban IV. für die ganze Kirche vorgeschrieben.
Erst Papst Johann XII. ordnete im Jahre 1317 die Fronleichnamsprozession allgemein an. – In Deutschland besteht folgende Sitte (in Rom besteht sie nicht): Das Allerheiligste wird in der Monstranz unter dem Traghimmel einhergetragen, beständig eingeräuchert unter gleichzeitigem Klange der Altarglöckchen, und dabei werden Blumen auf den Weg gestreut; die Häuser sind geschmückt, und die Leute entblößen ihr Haupt.
Dies alles geschieht aus Ehrfurcht vor dem hl. Sakramente. Altäre werden aufgestellt, um darauf hinzuweisen, woher wir das hl. Altarssakrament haben; vom hl. Messopfer nämlich, das auf dem Altare dargebracht wird. Die vier Altäre bedeuten, dass alle Völker von den vier Weltgegenden zum Tische des Herrn geladen sind.
Bei jedem Altare wird ein Bericht aus einem der vier hl. Evangelien über die Einsetzung des hl. Altarssakramentes gelesen. Und warum wohl? Wer nämlich den feierlichen Umzug betrachtet, stellt sich unwillkürlich die Frage: Warum wird dieser Brotgestalt eine solche Ehre erwiesen? Nun, auf diese Fragen sollen die Berichte der vier Evangelisten Antwort geben.
Nach Vorlesung des Evangeliums wird bei jedem Altar ein Gebet verrichtet um Schutz vor Blitz und Ungewitter (a fulgure et tempestate) und um Segnung der Feldfrüchte. Durch dieses Gebet geben wir zu erkennen, dass wir den unter der Brotgestalt verborgenen Heiland auch als den Herrn und allmächtigen Lenker des Weltalls anerkennen.
Die Prozession schließt in der Kirche mit dem Absingen des ambrosianischen Lobgesanges („Großer Gott, wir loben dich") ab. Das Allerheiligste wird unter dem sogenannten „Himmel" (einem großen Schirm) getragen. Der Schirm ist bei vielen Völkern (namentlich in Asien) das Abzeichen der königlichen Würde. Der Traghimmel, der aus kostbarem Stoffe gearbeitet ist, heißt auch Baldachin. (Dieser Name stammt von der in Mesopotamien gelegenen Stadt Baldak-Bagdad, wo im Mittelalter kostbare Stoffe gearbeitet wurden.).
Die Fronleichnamsprozession ist eine Satisfaktion für den Heiland, der einst wie ein Übeltäter durch die Straßen Jerusalems und von einem Richterstuhl zum andern geschleppt wurde und dabei von Soldaten begleitet und von den Pharisäern und Vorstehern des jüdischen Volkes beschimpft und verhöhnt wurde.
Dafür wird er jetzt im hl. Sakrament durch die Straßen getragen unter Lobgesängen und oft begleitet von einer Abteilung Soldaten oder waffentragender Bürger. Während man dem leidende Heilande eine Dornenkrone aufgesetzt hatte, krönt man ihn jetzt in der Monstranz mit einem Kranze prächtiger Blumen. Die Fahnen, die in der Prozession getragen werden, verkünden den Sieg des Christentums und den Triumph Christi über seine Feinde.
Quelle: Katechismus von Franz Spirago