
Über den großen „Apostel Wiens“ wurden unzählige Bücher geschrieben und doch wird ihm wohl keines wirklich gerecht, denn mit menschlichen Maßstäben allein kann man sich seiner Person wohl nicht wirklich nähern. Nichtsdestotrotz wollen wir uns anlässlich seines Festtages am 15. März auf seine Spuren begeben, wir tun dies mit einer dreiteiligen Artikelserie im wöchentlichen Abstand und beginnen heute mit einer kurzen Lebensbeschreibung.
Unser Heiliger wurde am 26. Dezember 1751 als Sohn eines Kleinbauern und Fleischers in Tasswitz, Südmähren, geboren und auf den Namen Johannes getauft. Als Johannes sechs Jahre alt war, verstarb sein Vater im Alter von 47 Jahren. Der kleine Bub war untröstlich über den Tod des Vaters, da nahm ihn die Mutter an der Hand und führte ihn zu einem Kreuz. Sie wies auf den Gekreuzigten und sagte. „Schau, Kind, von jetzt an ist der dein Vater! Gib acht, dass du Ihn mit keiner Sünde betrübst!“ Viele Jahrzehnte später erzählte P. Hofbauer noch über diese unvergessene Begebenheit, oft sprach er von seiner klugen und gottesfürchtigen Mutter. Die tiefe und echte Religiosität der Mutter prägte ihren Sohn, sie war es auch, die ihn schon früh nicht nur das Gebet, sondern auch die Selbstbeherrschung und Selbstüberwindung lehrte. So durfte er, wenn er besonders brav war, an Samstagen bis zum Abend fasten und die so ersparten Speisen an ärmere Dorfkinder verteilen. Schon früh wuchs in dem Kind der Wunsch nach dem Priestertum, und auch der Geistliche in Tasswitz erkannte die Berufung des Kindes und gab ihm Lateinunterricht, um ihn auf das Gymnasium vorzubereiten. Jedoch die finanziellen Verhältnisse der Familie nach dem Tod des Vaters erlaubten nicht einmal den Gedanken daran. Johannes hatte elf Geschwister, von denen aber nur vier überlebten. Als 15jähriger begann er die Bäckerlehre in Znaim, die er in der Klosterbäckerei des Prämonstratenserstiftes Klosterbruck abschloss. Der Abt des Klosters ließ ihn nebenbei die Klosterschule besuchen.
Als Bäckergeselle in Wien
Im Jahr 1778 kam Hofbauer auf der Suche nach Arbeit zum ersten Mal nach Wien und erhielt eine Anstellung in einer Bäckerei in der Johannesgasse, gegenüber seiner späteren Wirkungsstätte, dem Ursulinenkloster. Täglich ging er in den Stephansdom, häufig auch in die Salvatorkirche, um als Ministrant am Altar zu dienen. Nie hatte er den Wunsch, Priester zu werden, aufgegeben, und da er diesen nicht verwirklichen konnte, wollte er wenigstens als Ministrant dem Herrn am Altar nahesein.
Der erwachsene Ministrant erregte die Aufmerksamkeit von drei adeligen Damen in St. Stephan und als diese seinen brennenden Wunsch nach dem Priesterberuf erfuhren, boten sie ihm ihre finanzielle Unterstüzung an. So konnte er seine Ausbildung beginnen: zunächst musste der philosophische Kurs absolviert werden, der drei Jahre dauerte und mehr der Oberstufe eines Gymnasiums entsprach. Der Glaube wurde in der Philosophie lebhaft bekämpft, was Hofbauer sehr zusetzte. Er selbst hatte nach eigener Angabe zwar nie einen Glaubenszweifel, aber er beobachtete, was der Unterricht bei anderen Studenten anrichtete. Auch beim anschließenden Theologiestudium war durch den aufkeimenden Josephinismus alles darauf angelegt, die katholischen Überzeugungen zu untergraben. Einmal konnte sich Hofbauer im Unterricht nicht mehr beherrschen. Er unterbrach den Vortrag mit den Worten: „Herr Professor, was Sie da sagen, ist nicht mehr katholisch!“ und verließ den Vorlesungssaal. Wie sich später herausstellte, war dieser Vorfall für den Professor eine Mahnung, die ihn zur Umkehr bewegte. In Hofbauer aber nagten Zweifel, ob er seine Studien in Wien weiterführen sollte oder aber an einem anderen Ort, an dem der katholische Glaube noch unverfälscht gelehrt wurde.
Priesterweihe in Italien
Viele Studenten der Wiener Universität benützten die Herbstferien für eine Romreise, und auch Hofbauer trat diese Reise jährlich an, wobei sowohl der Hin- als auch der Rückweg zu Fuß zurückgelegt wurde. Schon bei einer früheren Romreise hatte er in Tivoli bei Rom den Ordensnamen Klemens angenommen. Als er die Romreise im Jahr 1784, gemeinsam mit seinem Freund Thaddäus Hübl antrat, reifte in ihm der Wunsch, seine Studien in Rom fortzusetzen. Joseph II. hatte auf den Eintritt in ein ausländisches Kloster eine hohe Strafe verfügt, es liegt also nahe, dass auch andere Studenten schon zuvor auf diese Idee gekommen waren. In der Nähe ihrer Unterkunft in Rom lag die Kirche San Giuliano auf dem Esquilin, dort lernten sie die Kongregation der Redemptoristen kennen und beschlossen, in diese einzutreten. Am 24. Oktober 1784 wurden die Freunde eingekleidet und vertieften in der weiteren Folge ihre Studien. Am 29. März 1785 wurden sie zu Priestern geweiht und im Auftrag des Abtes kehrten sie schon bald über die Alpen zurück, um ein Kloster im deutschen Sprachraum zu gründen. P. Hofbauer träumte von einer Klosterniederlassung in Wien. Dort aber stellte sich heraus, dass dieser Wunsch nicht in Erfüllung gehen konnte, wurden doch laufend Klöster aufgehoben, an eine Klosterneugründung war nicht zu denken.
Aufbruch in Warschau
Ein anderes Arbeitsfeld musste gesucht werden. P. Hofbauer fand es in Warschau im Jahr 1787, wo ihm und seinen beiden Begleitern die Kirche des hl. Benno überlassen wurde, um die Seelsorge besonders für die deutschsprachige Bevölkerung zu übernehmen. Die Kirche befand sich bei P. Hofbauers Ankunft in einem erbarmungswürdigen Zustand, wie auch das angrenzende „Pfarrhaus“, von dessen kahlen Wänden das Wasser tropfte. In Ermangelung von Betten schliefen die Freunde auf der Tischplatte bzw. auf Sesseln. Und dennoch barg dieses Zimmer für P. Hofbauer einen kostbaren Schatz: durch eines der Fenster konnte er in die Kirche zum Tabernakel blicken, was für ihn das größte Glück bedeutete.
Die Arbeit gestaltete sich anfangs unvorstellbar schwierig, es gab kein Geld, und es fanden sich zunächst kaum Förderer oder Sponsoren. Mit einem äußerst dürftigen Budget eröffnete P. Hofbauer eine Armenschule, er las Kinder auf der Straße auf und reinigte sie von Schmutz und Ungeziefer. Wegen des beschränkten Raumes konnte nur ein Dutzend Kinder dauernd beherbergt werden, unterrichtet wurden aber etwa 200 Kinder. Auch Bettler wurden in Pflege genommen, bis sich eine Beschäftigung für sie fand, unterdessen wurden sie im Katechismus unterrichtet. Rasch verbreitete sich der Ruf der Redemporisten in der Stadt, zahlreiche junge Leute schlossen sich an und St. Benno wurde bald zu einem Seelsorgezentrum. Die besonders feierlichen Gottesdienste zogen die Menschen an, der Heilige erklärte später: „Die öffentlichen Feierlichkeiten ziehen durch ihren Glanz die Gemüter an und diese werden allmählich, ihres Widerstandes ungeachtet, gewonnen. Das Volk hört mehr mit dem Auge als mit dem Ohr, es wird durch die Augen gefangen.“ Die Menschen strömten in Scharen nach St. Benno, sie belagerten förmlich die Beichtstühle. Zu Beginn der segensreichen Tätigkeit des P. Hofbauer in St. Benno wurden pro Jahr 2000 Hl. Kommunionen gespendet, gegen Ende seiner Tätigkeit in Warschau stieg diese Zahl auf 100.000. Die Kirche war täglich überfüllt, beginnend um 5 Uhr morgens mit dem Unterricht und der hl. Messe für die Dienstboten, und bis zum späten Abend wurden hl. Messen gelesen und Andachten verrichtet.
Eine junge Adelige, die St. Benno oft aufsuchte, schrieb als Greisin in ihren Erinnerungen: „Immer glaube ich, jenen verehrungswürdigen Priester leibhaftig vor mir zu sehen in seiner ganz vornehmen, Würde atmenden Haltung, dabei doch wieder so einfach. Überall verbreitete er Frieden um sich und die Tröstungen heiliger Liebe. Seine Rede war stets einfach, er gebrauchte keine besonderen Worte, doch zeigten sie trotzdem immer große Geistestiefe und bewirkten sofort Vertrauen. Die Liebe unseres Herrn Jesus Christus, die sein ganzes Herz erfüllte, leuchtete aus allen seinen Handlungen, doch merkte man keine Spur von Sonderlichkeit oder etwas Gemachtem. Aus seinem Antlitz strahlten eine reine Seele und innerer Friede, der die Frucht der heiligen, aus innigster Vereinigung mit Gott ersprießende Freude ist. Der Geist Gottes hattte ihm eine besondere Gabe der Seelenleitung gegeben, und voll Eifer arbeitete er bis zur Ermüdung und gönnte sich keine Ruhe.“
Schon 1788 war P. Hofbauer zum Generalvikar der Redemptoristen ernannt worden für den Bereich nördlich der Alpen, mehrere Reisen führten ihn in dieser Funktion in die Schweiz, nach Deutschland, Frankreich und Italien. Im Jahr 1807 wurde schließlich die segensreiche Tätigkeit des P. Hofbauer und seiner Gefährten in Warschau jäh beendet. Auf Befehl Napoleons wurde die Gemeinschaft aufgelöst, die Redemptoristen kurzfristig inhaftiert und dann des Landes verwiesen.
Zurück in Wien
P. Hofbauer ging wieder nach Wien, wo er nun sein Lebenswerk krönen sollte. Hier hatte der Josephinismus das religiöse Leben fast vollständig ausgelöscht. Anfangs war er nur Aushilfspriester für die italienische Kirche (Minoritenkirche). Im Jahr 1813 wurde er zum Kirchendirektor von St. Ursula und geistlicher Leiter im Konvent der Ursulinen. Er fand eine verödete Kirche vor, nur wenige kamen zum Gottesdienst. Bald aber war – entgegen der staatlichen Vorschriften - der Altar reich geschmückt und die Gottesdienste wurden in besonders feierlicher Weise gefeiert. Das vierzigstündige Gebet fand mit aller Pracht statt. Es dauerte nicht lange und die Kirche war mit Gläubigen überfüllt. Kaiser Joseph II. hatte auch Verordnungen für die Predigten erlassen, und so begnügten sich die meisten Prediger aus Angst vor der Staatsmacht mit Themen „wie man der Welt gefallen kann, wie man im Genuss der Welt die Gesundheit erhalten kann, wie man die Wirtschaft pflegen muss“. Die „Menschwürde“ und die „Humanität“ waren weitere beliebte Themen. (Kommt uns das bekannt vor?) P. Hofbauer trat entschieden dagegen auf: „Das Evangelium muss neu verkündet werden!“ und setzte sich über die Vorschriften hinweg. Er war kein besonders begabter Redner, er predigte einfach, aber wieder echt katholisch. Er sprach von Buße und Bekehrung, er verteidigte die Rechte der Kirche und predigte das wahre Evangelium.
Bald schon fand er Zugang zu kulturellen und politischen Kreisen Wiens, zahlreiche Studenten trafen sich mit ihm in seiner kleinen Wohnung zu religiösen Gesprächen. Dieser „Hofbauerkreis“ trug das erworbene Wissen in die Gesellschaft hinein. Bedeutende Impulse der Erneuerung des religiösen und kirchlichen Lebens von Wien entsprossen diesen abendlichen Treffen. Zu seinen Beichtkindern gehörten schon bald Angehörige aller Berufsstände, auch zahlreiche hochgestellte Personen der Gesellschaft. Vor 4 Uhr morgens ließ er sich vom Nachtwächter wecken und saß nach dem Morgengebet oft bis 10 Uhr im Beichtstuhl, dann erst feierte er die hl. Messe.
Seit seiner Ankunft in Wien stand er unter polizeilicher Aufsicht. Unter den Zuhörern bei seinen Predigten saßen regelmäßig auch Polizeispitzel und viele ihrer Berichte sind uns überliefert, einer dieser Spione nannte ihn „einen auferstandenen Abraham a Santa Clara.“ Im September 1815 wurde ein Predigtverbot über ihn verhängt, was ihn zutiefst betroffen machte. Erst ein Jahr später stand er wieder auf der Kanzel. Der Kaiser empfing ihn gegen Ende seines Lebens in Audienz und P. Hofbauer erbat sich die Kirche „Maria am Gestade“ für den Orden der Redemptoristen.
Der Apostel Wiens
Auch in den Straßen Wiens konnte man ihn häufig antreffen. Zu Fuß machte er zahllose Krankenbesuche und auf dem Weg betete er stets den Rosenkranz. Rund 2000 Menschen stand er beim Sterben bei. Auf seinen Gängen durch Wien traf er auf Menschen, die vorhatten, sich das Leben zu nehmen, stets gelang es ihm, sie vom Selbstmord abzuhalten und einer dieser Geretteten wurde später Priester. Er suchte die Armen auf und verteilte an sie Nahrungsmittel, Kleider und Geld, das man ihm gespendet hatte.
Durch das Wirken des hl. Klemens Maria Hofbauer fand Österreich nach Jahren der Unterdrückung des katholischen Glaubens wieder zum Katholizismus zurück. Er legte den Grundstein zum Aufstieg der katholischen Kirche aus einer inneren und äußeren Ohnmacht. Konsequent bekämpfte er den Zeitgeist und blieb unbeirrt durch alle Schwierigkeiten, die ihm die Staatsmacht bereitete. Er war der „rechte Mann zur rechten Zeit“, von Gott der Kirche gesandt in einer sehr schweren Stunde.
Klemens Maria Hofbauer starb, völlig entkräftet, am 15. März 1820, schon länger litt er an Darmblutungen und Fieber. Er wurde auf dem Friedhof in Maria Enzersdorf bestattet, seinem Wunsche gemäß. Im Jahr 1864 wurden die sterblichen Überreste in die Kirche Maria am Gestade gebracht, wo sie auch heute noch in einem Reliquienschrein ruhen. Papst Leo XIII. sprach P. Hofbauer am 29. Jänner 1888 selig, die Heiligsprechung erfolgte unter Papst Pius X. am 20. Mai 1909. Was er sich zeit seines Lebens so sehr gewünscht hatte, wurde nur sechs Wochen nach seinem Tod Wirklichkeit: Die kaiserliche Bewilligung zur Gründung der Kongregation der Redemptoristen in Wien wurde erteilt, damit aber auch die Grundlage für die Ausbreitung der Kongregation in die ganze Welt.
Klemens Maria Hofbauer heute?
Die Quelle für das unermüdliche Wirken des Apostels und Schutzpatron Wiens war seine tiefe Gottesliebe und die Kraft für seine Arbeit bezog er aus der Feier der hl. Messe. Und er hatte ein Schar von Gläubigen, die ihn mit ihrem Gebet in seinem Apostolat unterstützten. Wurden damals reihenweise Klöster durch den Staat geschlossen, schließen die Klöster heute, weil es keinen Nachwuchs gibt. Und so wie damals sind auch heute die Kirchen verwaist, unser Herr Jesus Christus wird im Tabernakel allein gelassen. Die Menschen sind vom Glauben abgefallen, die Jugend lernt den Glauben gar nicht mehr kennen. Wir brauchen ganz dringend eine von Gott so begnadete außergewöhnliche Persönlichkeit, wie es der hl. Klemens Maria Hofbauer war. An seinem Gottvertrauen müssen wir uns in unserer glaubenslosen Zeit orientieren, mit seinem Gottvertrauen vollbrachte er Unglaubliches. Bitten wir diesen großen Heiligen um seine Fürsprache, damit Gott auch heute den rechten Mann zur rechten Zeit senden möge, um Wien wieder in eine katholische Stadt zu verwandeln!
"Gott lieben ist ein so großes Gut, dass es mit Worten nicht ausgesprochen werden kann. Die Liebe Gottes soll der Beweggrund deines Tuns und Lassens, der heilige Wille Gottes deine Richtschnur, die Ehre Gottes und sein Wohlgefallen dein Ziel sein."
Zitat des hl. Klemens Maria Hofbauer
Quellen:
"Der hl. Klemens Maria Hofbauer" von P. Alois Pichler
"Austria Sancta - Die Heiligen und Seligen Niederösterreichs" von Karl Hold
"Der heilige Klemens Maria Hofbauer" von Matthäus Bauchinger
"Klemens Maria Hofbauer" von Karl Hochmuth
"Ein österreichischer Reformator" von P. Adolf Innerkofler