
Gedenke, o Allerseligste Jungfrau,
dass du meine Mutter bist
und dass ich ein armseliges
Geschöpf bin, elend und schwach.
O allerliebste Mutter,
ich flehe zu dir,
leite und beschirme mich
auf allen meinen Wegen
und in allen meine Handlungen.
Sage nicht, du könntest mir nicht helfen,
dein Sohn hat dir ja alle Macht gegeben!
Sage nicht, dass du nicht verpflichtet seist,
mir zu helfen, denn du bist die allgemeine
Mutter aller Menschen und besonders die meine.
Wenn du mir nicht helfen könntest,
so würde ich dir das nicht verübeln,
sondern sagen, es ist allerdings wahr,
sie ist meine Mutter,
und sie hat mich als ihr Kind auch lieb,
aber sie ist arm,
und ihre Armut gestattet ihr nicht,
anderen zu helfen.
Und wärst du meine Mutter nicht,
so müsste ich mich darein ergeben und sagen:
sie ist zwar reich genug,
sie könnte mir helfen,
aber sie ist leider nicht meine Mutter,
sie liebt mich nicht.
Da du aber nun, o süßeste Jungfrau,
doch meine Mutter
und zugleich reich und mächtig bist,
so bleibt dir tatsächlich nichts übrig,
womit du dich entschuldigen könntest,
wenn du mir nicht hilfst.
Du siehst also doch wohl selbst
die Notwendigkeit,
alle meine Bitten zu erhören.
Amen.
Hl. Franz von Sales, 1567 – 1622