Die brüderliche Liebe
Wir, die wir auf Erden wohnen, bilden mit den Heiligen des Himmels und mit den Seelen im Fegefeuer «einen Leib in Christus und jeder ist für sich dem anderen ein Glied» (Röm 12, 4-6). Wir sind der Leib Christi, er ist das Haupt und wir die Glieder (1 Kor 12,27; Eph 5,30). Wir sind uns unserer Gemeinschaft in Gleichheit und Freundschaft bewusst. Um so mehr der Eine dem Anderen in Freundschaft und Liebe verbunden ist, um so mehr fühlen wir, was der Einzelne zu seinem Glück braucht. Um in den Himmel einzugehen, in die Liebe Gottes, muss man ein reines Herz haben (Mt 5,8).
Wir beeinflussen uns gegenseitig: Wir strahlen Licht oder Dunkel, je nachdem, wie es in unserem Herzen ist (Mt 6,22; 15,19) Das Gute, das wir von unserem Nächsten empfangen, erfreut uns, umstrahlt uns und erhebt uns. Genauso ist es mit denen, die wir auf Erden gekannt und geliebt haben, und die auf dem Wege der Läuterung sind, um die ewige Freude bei Gott zu erlangen. Jeder gute und liebe Gedanke der Verzeihung und Liebe, jede Geste oder Tat, die ihretwegen gemacht wurde, besänftigt ihre Qual, noch nicht ganz rein zu sein, und verschafft ihnen ein Wohltat, die sie noch mehr für Gott öffnet, und sie durchlässiger macht für seine Liebe. Die Seelen im Fegefeuer sind machtlos, sich selbst zu helfen; sie warten beständig auf unsere Hilfe. Um so mehr wir uns läutern und in der göttlichen und brüderlichen Liebe heiligen, um so mehr nützen wir durch unsere Erhebung zu Gott und unsere wachsende Liebe unseren lieben Verstorbenen.
Eine Seele, die sich erhebt, erhebt die Welt genauso auf Erden wie im Jenseits. Man muss viel Liebe im Herzen haben, was immer wir tun, damit die, die uns ins Jenseits vorausgegangen sind, da von Segen erlangen, zu ihrem und zu unserem Glück. Lieben wir nicht nur mit Worten, sondern in der Tat und Wahrheit (1 Joh 3,18). Jede Seele im Fegefeuer hat Hunger, Durst, ist krank und im Gefängnis... und braucht unsere Liebe. Alles, was wir für diese Seele tun, erweisen wir Christus (Mt 25, 35-40).
Diese Seelen lieben uns und wollen unser Bestes und unser Glück in ihrer Liebe. In dem Maße, in dem wir sie lieben, geben sie uns ein, was wahr, ehrenhaft und richtig in unserem Leben und in unseren Beziehungen ist, damit wir vermeiden können, so zu leiden wie sie (Lk 16,28) um das Kommen des Reiches Gottes zu beschleunigen und die Erfüllung Seines Willens, der ist, dass jeder Mensch das Leben in Fülle hat, und dass diese Fülle auf alles ausstrahlt (Mt 6,10; Joh 6,40).
Gebet
Guter Gott, Du „lässt denen, die Dich lieben, alles zum Besten gereichen“, und denen, die „ihre Brüder in Not“ lieben. Sei gepriesen und gedankt für die brüderliche Liebe, die Du in die Herzen guten Willens eingießt.
Sei gepriesen für die Gemeinschaft des Himmels, des Fegefeuers und der Erde, und die brüderliche Hilfe, die wir uns gegenseitig erweisen können, damit wir Deinen heiligen Willen in Hinsicht auf Dein Reich erfüllen. Du hast uns dafür erschaffen und uns „dafür bestimmt von Anbeginn der Welt.“
Herr, mögen die Seelen der verstorbenen Gläubigen durch Deine Barmherzigkeit ruhen in Frieden.
Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Parvis-Verlages aus dem Buch "Arme-Seelenmonat" von J.-M. Girardin