Karwoche - Heilige Gräber und Prozessionen

Die Errichtung der heiligen Gräber und auch die verschiedenen Prozessionen haben ihren letzten Ursprung in Jerusalem, im Grabesdom.
Woher stammt der Brauch, ein heiliges Grab zu errichten?
In der Heiligen Schrift lesen wir beim Evangelisten Matthäus: „Als es Abend geworden war, kam ein reicher Mann aus Arimathäa mit Namen Joseph, der auch selbst ein Jünger Jesu war. Dieser ging zu Pilatus und bat um den Leichnam Jesu. Da befahl Pilatus, dass man ihm den Leichnam ausliefere. Und Joseph nahm den Leichnam, wickelte ihn in reine Leinwand und legte ihn in ein neues Grab, das er in einen Felsen hatte aushauen lassen.“ Auch die anderen drei Evangelisten überliefern uns dieses Geschehen mit ähnlichen Worten.
Dass Pilatus den Leichnam Jesu aushändigen ließ, war außergewöhnlich, denn üblicherweise betonte man die Schändlichkeit des Kreuzestodes noch dadurch, indem man die Leichen der Gekreuzigten irgendwo verscharrte oder aber sie den wilden Tieren überließ.
Über dem Grab Jesu und über der Auffindungsstätte des wahren Kreuzes Christi (das Grab lag ganz in der Nähe der Kreuzigungsstätte, wie wir aus dem Johannesevangelium wissen) wurde die Grabeskirche unter Kaiser Konstantin errichtet.
Zumindest seit dem 9. Jahrhundert wurden im ganzen christlichen Abendland Kopien des Heiligen Grabes errichtet oder bildlich dargestellt. Im ausklingenden Mittelalter waren die Gräber bei uns weit verbreitet und erst das Verbot unter Kaiser Joseph II. ließ sie fast verschwinden. Diese so besonderen Orte der Andacht und der Verehrung Jesu Christi blieben im Gedächtnis des Volkes und die Volksfrömmigkeit bewirkte bald ihre Rückkehr in unsere Kirchen. Nach der Reform der Karwochenliturgie in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts verschwanden sie erneut, um seit den 80er Jahren wieder vermehrt in den Kirchen unseres Landes errichtet zu werden.
Nach der Karfreitagsliturgie wird das Allerheiligste in feierlicher Prozession zum Heiligen Grab übertragen und bleibt dort, verborgen unter einem Schleier, zur Anbetung ausgesetzt. Der Klerus und die Gläubigen halten hier dann am Karfreitag und Karsamstag Grabwache.
Die Prozession mit dem Allerheiligsten am Karfreitag findet sich auch in Jerusalem. "P. Bonifacius a Ragusa memoriae tradidit hanc processionem saeculo xvi non a Fratribus Minoribus, sed ab Aethiopibus peragi: Religiosi latini tunc aliam processionem celebrabant, deferentes scilicet Sanctissimam Eucharistiam a Monte Calvario ad S. Sepulcrum et ad Capellam Apparitionis. Circa annum 1620, ut refert Lucas Waddingus, caeremoniae crucifixionis, depositionis e cruce et sepulturae peragebantur quidem a nostratibus in Monte Calvario, sed una cum officiis Missae Praesanctificatorum, eo scilicet tempore cum Passio a Diaconis decantabatur." (Ordo Processionum in Basilica S. Sepulcri, Typis Polyglottis Vaticanis, Romae 1925)
Wie für unsere Vorfahren, sind die heiligen Gräber eine große Hilfe auch für uns, das Leiden und Sterben unseres Herrn Jesus Christus anschaulich zu betrachten, die Größe Seiner Erlösungstat an uns ein wenig mehr zu begreifen. Der reiche Blumenschmuck soll unsere Liebe und unsere Ehrfurcht ausdrücken. Mit der Feier der Auferstehung in der Osternacht ist auch das Grab hinfällig geworden, es wird entfernt und die Blumen, die zuvor den Leichnam schmückten, schmücken nun die Kirche zur Feier des Festes am Ostermorgen: Christus ist wahrhaft von den Toten auferstanden, Alleluja!
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Prozessionen
In den Ländern der ehemaligen Donaumonarchie, aber auch in Bayern, Polen und an anderen Orten finden nach uralter Tradition drei theophorische Prozessionen mit dem Allerheiligsten statt. Am Gründonnerstag nach dem feierlichen Amt, diese Prozession ist nach römischen Ritus überall vorgesehen. Man singt währen der feierlichen Prozession zum sogenannten Repositionsaltar das Pange lingua. Dieser Altar ist so feierlich wie nur möglich geschmückt. Dort halten wir dann Anbetung und Ölbergandachten.
Am Karfreitag findet nach der Liturgie die Grablegungsprozession statt. Der Priester trägt die große Hostie in der verschleierten Monstranz zum heiligen Grab, wo wiederum angebetet wird. Für diese Prozession gibt es die herrlichsten Kompositionen der Kirchenmusik, wie etwa die Motette Ecce quomodo moritur iustus von Jacobus Gallus. Am Heilige Grab singt man klassischerweise das Tenebrae factae sunt.
Die größte und festlichste Prozession ist die Auferstehungsprozession nach der Ostervigil. Der Schleier wird von der Monstranz genommen und das Allerheiligste aus dem heiligen Grab erhoben und unter feierlichem Gesang, Läuten aller Glocken, (mancherorts auch Pöllerschüssen und Feuerwerk) durch Städte und Dörfer getragen. Wenn dies nicht möglich ist, dann erfolgt eine kurze Prozession in der Kirche. Am Ende wird das Te Deum gesungen, der Segen erteilt und das Regina caeli gesungen. Diese Zeremonie wurde durch Jahrhunderte vom Gläubigen Volk als "Auferstehung" bezeichnet.
Feierliche Auferstehungsprozessionen nach der Osternacht finden in unserem Distrikt in diesem Jahr etwa in Jaidhof, Brünn, Tyrnau, Presov, Klagenfurt und Steyr statt.
Ein Detail am Rande: Als nach dem Fall des Kommunismus in Tschechien die Dörfer sich zu Ostern zu großen Auferstehungsprozessionen vorbereiteten wie vor dem Kommunismus, haben es die Bischöfe verboten, weil ja die Liturgiereform inzwischen war. Das war ein furchtbarer Schmerz für das gläubige Volk.

Auferstehungsprozession in Jaidhof 2024