Santa Maria in Aracoeli – Heilige Maria vom Himmelsaltar

PILGERFAHRT NACH ROM - FÜR ALLE (Teil 15)
Einhundertvierundzwanzig Marmorstufen führen hinauf auf den höchsten Punkt des in der Antike so berühmten kapitolinischen Hügels, zur Westfassade der Kirche Santa Maria in Aracoeli. Hier befand sich einst das politische und religöse Zentrum Roms, von hier wurde ein riesiges Weltreich beherrscht. Himmelsleiter wurde die Treppe genannt und sie entstand im Jahr 1348, als die Pest weite Landstriche Europas entvölkerte und auch in Rom wütete. Damals gelobte das römische Volk, diese Treppe zu errichten, wenn die Seuche ein Ende finden würde – und so geschah es. Hinter der äußerst schlichten Kirchenfassade, die nie vollendet wurde, öffnet sich ein überwältigender Anblick in den weiten Kirchenraum, der zu den schönsten Roms zählt.
Neben dem Kaiserpalast befand sich in antiker Zeit hier auch der Tempel der Juno, der Gemahlin des obersten römischen Gottes Jupiter, sie galt als Schirmherrin der Stadt. Der Tempel wurde anlässlich eines militärischen Sieges im 4. Jahrhundert vor Christus errichtet, im Verlauf des 3. vorchristlichen Jahrhunderts entstand hier auch eine Münzprägestätte.
Der erste historisch belegbare Kirchenbau an dieser Stelle ist nachgewiesen zur Zeit Papst Gregor des Großen im 6. Jahrhundert, möglicherweise aber wurde schon zur Zeit Konstantins eine Kirche an dieser Stelle errichtet. Im 8. Jahrhundert lebten hier Benediktinermönche. Im Jahr 1249 übergab Papst Innozenz IV. die Kirche dem Franziskanerorden. Die Mönche begannen ab 1251 mit Unterstützung einiger Adelsfamilien den Bau der heutigen dreischiffigen Basilika. Zwischen 1797 und 1815 war die Kirche profaniert, die französischen Truppen benutzten sie als Pferdestall und beschädigten den wertvollen Kosmatenfußboden. Nach dem Ende des Kirchenstaates im Jahr 1870 hob die neue Regierung Italiens sämtliche Klöster auf, auch das Franziskanerkloster bei der Kirche Ara Coeli. Beim Bau des gigantischen Denkmals für Viktor Emmanuel II. zwischen 1885 und 1911 entging die Kirche nur knapp dem Abriss.
Um das Jahr 1500 schrieb ein Pilger aus Köln folgende Geschichte nieder: An der Stelle, wo heute die Kirche Santa Maria in Aracoeli steht, rief Kaiser Augustus die bekannte Wahrsagerin Sybille zu sich in den Palast. Er befragte sie, ob er sich einen Altar errichten lassen könnte, um so göttliche Ehren entgegen nehmen zu können. Bekannterweise wurden die römischen Cäsaren als Gottheiten verehrt. Sybille aber sah in einer Vision einen goldenen Kranz um die Sonne, in dem eine schöne Jungfrau saß mit einer goldenen Krone, sie trug ein kleines Kind auf ihren Armen. Die Weissagerin zeigte das Kind dem Kaiser und prophezeite ihm, dass dieses kleine Kind der Herr über alle Herren im Himmel und auf Erden sei, und dieses Kind werde alle Altäre der heidnischen Götter stürzen. Daraufhin habe Augustus seine Absicht fallengelassen, und stattdessen am Ort dieser Offenbarung einen Himmelsaltar (Ara coeli) errichten lassen, der die Inschrift trug: Dies ist der Altar des unbekannten Gottes.
Im linken Querschiff befindet sich ein kleiner achteckiger Tempel mit einem Altar, über den sich eine Kuppel wölbt, von acht Säulen getragen. Diese wird überragt von einer Statue der Allerseligsten Jungfrau mit dem Kind. An dieser Stelle soll Kaiser Augustus die Gottesmutter mit dem Kind erblickt und den Altar errichtet haben. Im Jahr 1963 wurden bei archäologischen Untersuchungen festgestellt, dass dieser kleine Tempel tatsächlich auf antiken römischen Überresten steht, die als Altar des Augustus gelten. In der prachtvollen Porphyrwanne dieses Altares ruht der Leib der hl. Helena, der Mutter des Kaisers Konstantin.

Die 22 antiken Säulen, die das Innere in drei Kirchenschiffe trennen, sind von verschiedenen Marmorarten gemacht und zeigen verschiedene Stile, sie stammen somit von verschiedenen Tempeln. Gerade diese Verschiedenheit zeugt von der Größe des Sieges, welches das Christentum über den heidnischen Aberglauben errungen hat. Eine Inschrift auf der dritten Säule links besagt, dass sie aus dem Palast des Kaisers Augustus stammt, jenes Kaisers unter dessen Regierung unser Heiland geboren wurde.

Die prachtvolle, reich vergoldete, mit Schnitzereien versehene Decke des Hauptschiffes stellt ein Denkmal des Sieges über die Türken in der Seeschlacht von Lepanto im Golf von Patras (Griechenland) im Oktober 1571 dar. Dieser Sieg wird der Fürbitte Mariens zugeschrieben, ihr zum Dank stiftete die römische Bevölkerung diese Decke, in der türkische Säbel eingearbeitet sind, die aus dieser Schlacht stammen.

Über dem Hochaltar sehen wir ein Bild der Gottesmutter, das dem hl. Evangelisten Lukas zugeschrieben wurde, darüber liest man die Worte: „Regina coeli laetare, alleluja.“ Zur Zeit, als in Rom die Pest wütete, hielt der hl. Papst Gregor der Große eine Bittprozession nach St. Peter ab, damit Rom von der Pest befreit werden möge. Neben anderen Bildern wurde auch dieses Bild durch Rom getragen. Als man sich der Tiberbrücke näherte, hörte man Engelstimmen singen: „Regina coeli, laetare, alleluja. Quia quem meruisti portare, alleluja. Resurrexit sicut dixit, alleluja.“ Papst Gregor antwortete: „Ora pro nobis Deum, alleluja!“ Darauf erschien auf der Höhe des Hadrian-Grabmals ein Engel, der das Schwert in die Scheide steckte zum Zeichen, dass die Seuche beendet wäre. Von jener Zeit an betete die Kirche das Regina coeli, so wie sie es auch heute noch in der Osterzeit tut.


Hier das Fresko über dem Hauptaltar:

Die Kirche hat jederseits 11 Kapellen und insgesamt 28 Altäre. Hier einige Bilder aus diesen Kapellen.




Eine der schönsten Kapellen befindet sich rechts vom Hauptportal, es ist die Kapelle des Bußpredigers Bernardin von Siena, sie ist mit Fresken von Pinturicchio ausgestattet, die Szenen aus dem Leben des Heiligen zeigen.



Ein besonderer Schatz dieser Kirche wurde in jüngster Zeit gestohlen, während einer Abendandacht am 1. Februar 1994 verschwand das vom Volk seit Jahrhunderten sehr verehrte und wundertätige Christkind „Il Santo Bambino“. Ursprünglich von einem Franziskaner-Laienbruder in Jerusalem aus Olivenholz geschnitzt, gelangte die Statue Ende des 16. Jahrhunderts nach Rom. Im Jahr 1629 war das Christkind schon Gegenstand großer Verehrung in Aracoeli. Im Jahr 1798 – während der Besetzung Roms durch französische Truppen - wurde es von den Republikanern des Goldschmucks und der Edelsteine beraubt und entging nur knapp der kompletten Zerstörung. Zwei Jahre nach dem Diebstahl in unserer Zeit veranstalteten die Insassen von zwei römischen Gefängnissen eine Kollekte, sandten diese den Franziskanern und baten um eine originalgetreue Wiederherstellung des Santo Bambino. Sie fügten dem Geschenk die feierliche Erklärung bei, dass sie zwar Schurken seien, sie wären jedoch keine gottlosen Schurken. Und so sehen wir heute in der Kirche eine originalgetreue Kopie des Santo Bambino.

Fresken verschiedener Künstler finden sich in den anderen Kapellen, so z.B. die Vermählung Mariens, Anbetung der hl. drei Könige, Flucht nach Ägypten, Besuch bei Elisabeth, Verkündigung, Entschlafung Mariens, Himmelfahrt Mariens, Unbefleckte Empfängnis, Anbetung der Hirten u.a.










Der Rompilger hat mit dieser prachtvollen Kirche ein einzigartiges Denkmal für den Sieg des christlichen Glaubens über das Heidentum vor Augen. Erbaut auf den Trümmern eines Götzentempels erhebt sie sich glanzvoll auf dem höchsten Punkt des Kapitols, und von dort, wo Kaiser mit großer Macht herrschten, wo sie sogar als Götter verehrt wurden, dort wo den Götzen geopfert wurde, blickt diese prächtige Kirche heute über die gesamte Stadt hinweg und birgt in ihrem Inneren überdies ein machtvolles Zeugnis vom Triumph über den Islam, vom Sieg Mariens über die Irrlehren. Diese Kirche mag uns Trost geben und uns an die Worte Christi erinnern: Die Pforten der Hölle werden die Kirche nicht überwinden!

