Die Synode und die „schändlichen Leidenschaften“

Quelle: Distrikt Deutschland

von Pater Christian Thouvenot – 11. September 2015

 

DICI ist ein Informationsorgan, das katholisch sein will. Bei diesem Anspruch widerstrebt es ihm, Themen aufzugreifen, von denen der hl. Paulus wollte, dass sie unter Christen nicht einmal erwähnt werden: „Nehmt Gott zum Vorbild als seine geliebten Kinder. Wandelt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt und sich für uns als Opfergabe hingegeben hat, Gott zum lieblichen Wohlgeruch. Unzucht oder irgendwelche Unreinheit soll bei euch nicht einmal genannt werden. So ziemt es sich für Heilige“ (Eph 5,1-3).

Während der große Apostel in seinen Schülern Christus nachbildet, kann er nicht dulden, dass sich unter ihnen noch Sklaven der fleischlichen Leidenschaften und des Geistes der Begierlichkeit finden: „Davon seid fest überzeugt: kein Lüstling oder Unreiner oder Habgieriger – das heißt Götzendiener – hat Anteil am Reiche Christi und Gottes“ (ibid 5,5).

Und doch hat die heutige Welt seit langem die entwürdigendsten Perversionen übernommen und das Schicksal, das Sodoma und Gomorrha vorbehalten war, vergessen.[i] So verbreiten sich die Päderastie, die Bestialität und zahlreiche andere geschlechtliche Perversionen in der modernen Gesellschaft, und dies in dem Maße, als die Schamhaftigkeit, die Treue, die Enthaltsamkeit und alle Tugenden, die imstande sind, die Begierlichkeit zu mäßigen, den Rückzug angetreten haben.

Gegen das Naturgesetz und das göttliche Gesetz

Angesichts der Angriffe gegen die christliche Ehe, und jetzt auch gegen die natürliche Ehe (die auf Dauer angelegte Verbindung eines Mannes und einer Frau zu einem häuslichen Heim im Hinblick darauf, Kindern das Leben zu schenken und sie zu erziehen), erinnert die katholische Kirche unermüdlich an die Wahrheit und die Moral des Evangeliums: „Gebt euch keiner Täuschung hin! Unzüchtige, Götzendiener, Ehebrecher, Lüstlinge, Knabenschänder, Diebe, Habsüchtige, Trunkenbolde, Gotteslästerer, Räuber werden am Reich Gottes keinen Anteil haben“ (1 Kor 9,10).

Die Sünde der Homosexualität stellt eine schwerwiegende Unordnung dar; ihre spezifische Handlung wird durch die Heilige Schrift eingereiht unter „die Sünden, die zum Himmel schreien“, unter demselben Rechtstitel, wie der Mord oder die Bedrückung der Witwe und des Waisen. Die Sünden, die zum Himmel schreien, sind jene, deren Boshaftigkeit und in besonderer Weise ihre Störung der gesellschaftlichen Ordnung, die sie hervorrufen, schon auf dieser Erde nach der gerechten Strafe vonseiten Gottes rufen.[ii]

Dies zeigt die Schwere der Sünde der Homosexualität auf, die indes banalisiert und sogar ermutigt wird durch alle möglichen Organismen und alle möglichen Propagandamittel. Man denke an die Vereine „LGTB“, an die Filme, an die Mode, an die Umzüge und Paraden („Gaypride“), die jedes Jahr die Straßen der Weltstädte überschwemmen.

Die katholische Kirche entgeht nicht dem Druck, der vonseiten der lasterhaften Welt und ihrer verdorbenen Sitten auf sie ausgeübt wird. Bis jetzt war es ihr gelungen, das widernatürliche Wesen und die Schändlichkeit dieser Art von Sünde immer wieder ins Gedächtnis zu rufen. Der neue Katechismus aus dem Jahr 1992 konnte noch in seiner Nummer 2357 schreiben: „Die Kirche stützt sich auf die Heilige Schrift, die solche Handlungen als schwere Verirrungen ansieht[iii]; die Tradition hat stets erklärt, dass die « homosexuellen Handlungen (…) ihrer wesentlichen und unerlässlichen Zuordnung beraubt sind »[iv]. Sie stehen dem Naturgesetz entgegen. Sie verschließen den Geschlechtsakt der Weitergabe des Lebens. Sie gehen auch nicht aus einer affektiven und geschlechtlichen Komplementarität hervor. Sie können keinesfalls in irgendeiner Weise gutgeheißen werden.“

Tiefe Spaltungen zwischen den Synodenvätern

Die Vorbereitung der Synode über die Familie hat in paradoxer Weise den Verbreitern und Streitern für die Banalisierung der Homosexualität eine Plattform eingeräumt. Am 13. Oktober 2014 hat der ungarische Kardinal Péter Erdö, Generalrelator der Synode, sich auf einen entsprechenden Text berufen, der in einem vor 200 Journalisten veröffentlichten Dokument enthalten ist. Es trägt den Titel Relatio post desceptationem und spricht von den Gaben und Qualitäten, die homosexuelle Personen „in die christliche Gemeinschaft einbringen können“ (Relatio Nr. 50). Die Synode verwirft einerseits jegliche Gleichstellung mit der Ehe zwischen Mann und Frau, wie auch den internationalen Druck zugunsten der Gender-Ideologie (Nr. 51), andererseits nimmt die Synode „zur Kenntnis, dass es Fälle gibt, wo die gegenseitige Unterstützung bis zum Opfer eine kostbare Hilfe für das Leben der Partner ist“! (Nr. 52). Während dieser selben Pressekonferenz präzisierte Bischof Bruno Forte, Sondersekretär der Synode und wahrscheinlich Urheber der Ärgernis erregenden Paragraphen folgendes: „Ich glaube, dass das Dokument positive Aspekte aufzudecken sucht, die man als Element im Innern dieser Verbindungen findet. Es ist einfach, eine Sache zu verwerfen; aber es ist eine Übung der intellektuellen Ehrlichkeit und der spirituellen Liebe, alles anzuerkennen und als Wert herauszustellen, was positiv ist, selbst im Innern dieser Erfahrungen.“

So verkündet die Kirche zum ersten Mal in ihrer Geschichte auf offiziellem Weg das Willkommensein homosexueller Personen als solcher. Die Herausforderung besteht hinfort nicht mehr in der Bekehrung und dem Aufruf zu Buße, zum Kampf gegen die ungeordneten und sündhaften Hinneigungen, sondern in der Bereitschaft, „diese Personen willkommen zu heißen und ihnen einen Raum der Brüderlichkeit in unseren Gemeinschaften sicherzustellen“ (ibid Nr. 51), während sie doch den Tatsachen nach und öffentlich in dieser Art von Laster leben.

Das Ärgernis war riesengroß und die Reaktionen auf diesen Zwischenbericht ließen nicht lange auf sich warten. Mgr. Stanislas Gadecki, Erzbischof von Poznan und Präsident der Bischofskonferenz Polens, der am 13. Oktober von Radio Vatikan befragt wurde, fürchtet sich nicht zu erklären: „Dieses Dokument ist unannehmbar.“ Auch die afrikanischen Bischöfe haben ihre tiefe Ablehnung zum Ausdruck gebracht: Kardinal William Fox Napier, Erzbischof von Durban, hat sich auf Twitter entschieden gegen die Artikel über die Homosexualität geäußert, worauf Kardinal Walter Kasper in einem Gespräch mit Journalisten geantwortet hat, die afrikanischen Bischöfe „sollten uns nicht sagen, was zu tun ist“. – Einige Monate später kommt Kardinal Napier auf die herablassende Verachtung von Kardinal Kasper zu sprechen, der „behauptet, die afrikanischen Bischöfe sind zu sehr den Tabus unterworfen, und zu zurückhaltend, um die Frage der Polygamie und der Ehe zwischen Personen des selben Geschlechtes anzugehen“…

Jedenfalls bemühte sich der Schlussbericht der Synode am 18. Oktober, das Feuer zu löschen, indem er die Kunst eines Kompromisses gebrauchte. Man konnte hören, dass der Paragraph über die Homosexuellen zur Abstimmung gestellt worden war und 118 Ja-Stimmen und 62 Nein-Stimmen bekommen hatte. Pater Federico Lombardi, der Leiter des Pressebüros des Heiligen Stuhles, sah sich gezwungen herauszustellen, dass „diesen Paragraphen zur Mehrheit zugestimmt worden war, selbst wenn sie nicht die qualifizierte erforderliche Mehrheit erreicht haben“. Daher hat Papst Franziskus gewünscht, dass die verworfenen Paragraphen ebenfalls veröffentlich werden sollten „im Hinblick auf die Fortsetzung der Diskussion“.

Selbst wenn der Text gemäß Pater Lombardi „kein Dokument des Lehramtes oder der kirchlichen Disziplin ist“, so stellt er doch ein großes Problem dar. Wie konnte ein widernatürliches Verhalten, das innerlich der richtigen Hinordnung entbehrt, so positiv dargestellt werden? Wie kann eine Sünde, die zum Himmel schreit, eine geschlechtliche Hinordnung werden, die imstande ist, Gaben und Qualitäten (welche?) in die christliche Gemeinschaft einzubringen? Und was bedeutet schließlich dieses kaum verhüllte Lob des Opfers zwischen homosexuellen Personen? Wird man so weit gehen, diese „kostbare Hilfe für das Leben der Partner“ zu vergleichen mit der Treue und der Unterstützung der Eheleute in der Ehe? Dies wäre eine jene „gotteslästerlichen Annäherungen“ zwischen dem Evangelium und der Revolution, welche Pius X. vor mehr als einem Jahrhundert verurteilt hat.[v] Wie können Kirchenmänner positive Werte oder den Gegenstand der Erbauung in solchen Lastern finden, die immer sündhafte Verhältnisse sind?

Mgr. Huonder wird von seinen Mitbrüdern missbilligt

Am 31. Juli 2015 hat ein Schweizer Bischof mutig die Morallehre der Kirche auf diesen Gebieten im Verlauf eines Vortrags mit dem Titel „Die Ehe, Geschenk, Sakrament und Sendung“ ins Gedächtnis gerufen. Mgr. Vitus Huonder, Bischof von Chur, ergriff in Fulda in Deutschland im Rahmen des Forums Deutscher Katholiken das Wort. Weil er das Unglück hatte, die Heilige Schrift zu zitieren (Lev 18,22 und vor allem Lev 20, 13: „ Wenn sich ein Mann mit einem anderen Mann vergeht wie mit einer Frau, so haben beide eine Schandtat begangen. Sie sollen mit dem Tod bestraft werden), wurde der Bischof Gegenstand einer wahren „Fatwa der Massenmedien“, d.h. einer Kampagne des organisierten Drucks durch gewisse homosexuelle Lobbys, die von den Medien und mehreren Personen der Öffentlichkeit aufgegriffen wurden. Mgr. Huonder konnte noch so sehr zur Beruhigung aufrufen und präzisieren, dass er an die zehn anderen Stellen der Heiligen Schrift aus dem Alten und Neuen Testament angeführt hat, dass er einzig und allein im Wesentlichen die Lehre des Katechismus aufgegriffen, und dass er selbstverständlich keineswegs aufruft zur Tötung der verkommenen Menschen - alles half nichts. Der Präsident der christlich-demokratischen Partei, Christophe Darbellay, bezeichnete die Worte des Bischofs von Chur als „unannehmbar“.

Schlimmer noch: Die Schweizer Bischofskonferenz missbilligte in Eile ihren Mitbruder im Bischofsamt, der einen Prozess an den Hals gehängt und Morddrohungen bekam. Der Vorsitzende dieser Bischofskonferenz, Mgr. Markus Büchel, Bischof von St. Gallen, erklärte sich zu freuen „über jede Beziehung, in der die Partner sich gegenseitig annehmen als von Gott geliebte Kinder“ (sic). Und er fügte hinzu: „Unsere gegenwärtigen Kenntnisse über die Homosexualität als affektiver Einsatz und als nicht frei gewählte geschlechtliche Neigung, waren in der biblischen Epoche unbekannt.“ So hat die Kirche heute die Aufgabe, die homosexuellen Personen auf ihrem Lebensweg zu begleiten: „Ein Weg, auf dem sie ihre besondere Form der Beziehungen und ihre Geschlechtlichkeit zu einem Bestandteil ihres Lebens machen können“ (sic).

Man kann die Anerkennung und den Segen dieser Art von Vereinigungen nicht besser vorbereiten. Umso mehr, als der Präsident der Bischofskonferenz hinzufügt, dass die Kirche „eine neue Sprache finden muss, die der jeweiligen Lage und den Personen angemessen ist“.[vi]

Schließlich erklärte Mgr. Charles Morerod, Bischof von Genf, Freiburg und Lausanne, der Zeitung Le Temps vom 12. August 2015, „die Tatsache, homosexuell zu sein, vor allem wenn dies ohne persönliche Wahl so sei, sei weder ein Verbrechen noch eine Sünde“. Und er fügt erklärend hinzu, dass die Mehrzahl der homosexuellen Personen sich einfach als solche entdeckt haben, ohne freie Wahl, und dass sie also ohne moralische Verantwortung sind. Die Geschichte wird aufzeichnen, dass man bis zum 21. Jahrhundert warten musste, damit Kirchenmänner theologisch versuchen, die schändlichsten Verhaltensweisen zu rechtfertigen. Mgr. Morerod behauptet, die christliche Moral könne nur in ihrer Ganzheit durch jene geübt werden, die den Glauben haben; aber er vergisst ins Gedächtnis zu rufen, dass selbst ohne den Glauben alle Menschen über die Richtigkeit ihrer Hinneigungen urteilen können. Was ist aus dem Naturgesetz geworden? Die Tugend der Keuschheit, die ein Teil der Kardinaltugend der Mäßigkeit ist, würde also nicht alle Menschen, die den Vernunftgebrauch haben, verpflichten?

Was wird auf der nächsten Synode geschehen?

Kirchenmänner verkennen nunmehr die Aufgaben ihres Amtes, und dies aus Menschenfurcht oder Feigheit, auch unglücklicherweise ermutigt durch die Worte von Papst Franziskus, der dazu aufruft, einen Beweis des Willkommens und des Erbarmens gegenüber Homosexuellen an den Tag zu legen („Wenn eine Person gay[vii] ist und den Herrn mit gutem Willen sucht, wer bin ich, um zu urteilen?“[viii]), Gefangene des ,Konzilsgeistes‘, der einen neuen Humanismus verkünden wollte, gegründet auf dem Kult des Menschen und der Person[ix]. Sie scheinen das Bestehen der allerelementarsten natürlichen Moral zu vergessen, als wäre es nutzlos, unseren Zeitgenossen die guten Sitten zu predigen, da soundso viele unter ihnen den Glauben nicht mehr annehmen.

Es kommt dazu, wie der hl. Paulus die Römer belehrt, dass ohne den Glauben an Jesus Christus alle Menschen in der Sünde und unter der Drohung des göttlichen Zornes sind. Die gegenwärtige Welt, die ihren Heiland verworfen hat, sein Gesetz der Liebe und seine Gebote, ist in das schändlichste Heidentum zurückgefallen, jenes, das der Völkerapostel ohne Furcht beschreibt als „schändliche Leidenschaften: Ihre Weiber verkehrten den natürlichen Verkehr in den widernatürlichen. Ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in ihrer wilden Gier zueinander. Männer trieben Schamloses mit Männern und empfingen so an sich die verdiente Strafe für ihre Verirrung“ (Röm 1, 24-27).[x]

Sind aber jene schuldig, die sich diesen Leidenschaften überlassen, dann „sind jene, die solchen, die solches tun, Beifall spenden“ (ibid 1,32), noch schuldiger. Denn „wehe, die ihr Böses gut und Gutes böse nennt! Die ihr Finsternis zu Licht macht und Licht zu Finsternis“ (Is 5,20)! Möge die kommende Synode unter der Autorität des Obersten Hirten den Rauch Satans vertreiben, der das Licht des Glaubens und der Vernunft verdunkelt. In erster Linie gilt das Wort Christi den Hirten der Herde: „Ihr seid das Licht der Welt. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann nicht verborgen bleiben. Auch zündet man kein Licht an und stellt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter. Dann leuchtet es für alle im Hause“ (Mt 5, 14-15).

Quelle: FSSPX/MG – DICI Nr. 320 vom 11.9.2015

 

[i] Die Zerstörung von Sodoma und Gomorrha ist im Buch Gen 18 und 19 aufgezeichnet.

[ii] P. Dominikus Prümmer OP, Handbuch der Moraltheologie, Herder 1961, Band 1, Nr. 360

[iii] Vgl. Gen 19,1-29; Röm 1,24-27; 1 Kor 6,9-10; 1 Tim 1,10

[iv] Glaubenskongregation, Erklärung „Persona humana“, 29. Dezember 1975, Nr. 8

[v] Brief über den Sillon, 25. August 1910

[vi] Cath.ch – APIC, 9. August 2015

[vii] Dieses englische Wort bezeichnet einen Homosexuellen.

[viii] Pressekonferenz vom 28. Juli 2013

[ix] Vgl. Paul VI., Rede anlässlich des Abschlusses des II. Vatikanischen Konzils am 7. Dezember 1965: „Die Religion des Gottes, der sich zum Menschen gemacht hat, ist der Religion (denn es ist eine) des Menschen begegnet, der sich zu Gott gemacht hat. (…) Erkennt ihn wenigstens dieses Verdienst zu, ihr modernen Humanisten, die ihr auf den übernatürlichen Charakter der höchsten Dinge verzichtet, und wisset unseren neuen Humanismus anzuerkennen: Auch wir haben, mehr als jeder andere, den Kult des Menschen.“

[x] Der Katechismus von Pius X. stellt die Bosheit der Sünde der Unkeuschheit so dar: „Sie ist eine sehr schwere und verabscheuungswürdige Sünde vor Gott und den Menschen; sie würdigt den Menschen zum Tier herab, treibt ihn zu vielen anderen Sünden und Lastern und zieht die schrecklichsten Strafen in diesem und im anderen Leben nach sich.“, Kompendium der christlichen Lehre von Papst Pius X., 1981, Mediatrix-Verlag Wien, S. 157, Nr. 425.