Aus dem Munde dieses Mannes spricht der Heilige Geist - Teil 2

Quelle: Distrikt Österreich

Der hl. Klemens Maria Hofbauer als Prediger - Teil 2

Das Geheimnis dieses beneidenswerten Predigererfolges bei einem so geringen Aufwand rhetorischer Mittel hat einer seiner Zuhörer in folgende Worte gefasst: „Die Kraft seiner Predigt ging aus der Macht seines Glaubens hervor, die in ihm gleichsam Fleisch geworden ist und in jeder Linie seines Antlitzes, in jeder seiner Bewegungen sich kundgab; so wenn er von der Menschwerdung sprach: „Unser Fleisch hat Er angenommen“, dabei die Hände zusammenschlagend. Diese einfachen Worte, mit so apostolischer Überzeugung und starker Geste vorgetragen, machten auf alle Zuhörer, besonders auf mich einen tiefen Eindruck und behoben bei uns jeden Zweifel an der Göttlichkeit und Menschlichkeit Jesu Christi.“ Wenn derselbe Zeuge auf die Predigt des Heiligen die Worte der Schrift anwendet: „Was wir gesehen und gehört und mit den Händen berührt haben, das verkünden wir euch“, so hat er damit wohl am treffendsten die Eigenart Hofbauers als Prediger gekennzeichnet.

Hofbauers Predigt war die Selbstoffenbarung eines Glaubenshelden, der nahe an die Grenze des Schauens gelangt ist. Er beweist nicht lange, er verkündet wie einer, der gesehen, gehört, berührt hat. Seine Predigten sind Glaubensakte von hinreißender Gewalt. Es war ergreifend, wenn er, von Liebe übermannt, mitten in der Predigt auf die Knie sank, um das Allerheiligste Altarsakrament anzubeten, In solchen Augenblicken innerer Ergriffenheit erschien er wie umgewandelt. Die leidenschaftslose, friedliche Ruhe seines Wesens machte dem höchsten Pathos Platz; den weit geöffneten Augen entfuhren Blitze, das ganze Antlitz schien zu flammen. Man wollte ihn sogar auf der Kanzel zuweilen von einem wunderbaren Licht umflossen gesehen haben, wie dies z.B. Philipp Veit noch im hohen Alter im Familienkreis erzählte.

Die Zuhörerschaft bei seinen Predigten bestand überwiegend aus einfachen Leuten. Doch fanden sich allmählich Persönlichkeiten aller Stände ein. Studenten, Gelehrte, Künstler, Beamte, Aristokraten. Der Versuchung, bei der Predigt mehr auf die gebildeten Klassen Rücksicht zu nehmen auf Kosten des gewöhnlichen Volkes, ist er nicht unterlegen, wenn er sie überhaupt gefühlt hat. Mochten auch die geistig Anspruchsvollsten seiner Freunde, wie Schlegel, Müller, Dorothea, unter seiner Kanzel stehen: er blieb dem Grundsatz treu, den er in der Einleitung so häufig aussprach, dass es den Leuten allgemach zu viel wurde, nämlich: „Heute will ich euch eine Predigt machen, so leicht, dass mich auch der Dümmste von euch und auch jedes kleine Kind verstehen kann.“

Missionar in Wien 

Es fiel auch bald auf, dass die Mütter gerne ihre Kinder zu seinen Predigten mitnahmen und sie zur Aufmerksamkeit anhielten. – Dass Hofbauer das Bedürfnis empfunden habe, für die Verkündigung der Heilswahrheiten neue Formen zu finden und sich selber, jedoch ohne Erfolg, darum bemüht habe, beruht auf einem Missverständnis. Das aus seinem Mund so oft gehörte und heute in diesem Sinn zitierte Wort, das Evangelium müsse ganz neu gepredigt werden, verstand er wohl anders. Nach seiner Überzeugung und seinen Erfahrungen waren den Katholiken auf weite Strecken hin die Kenntnis und das Verständnis des Katholischen abhandengekommen; das Evangelium müsse daher neu, nicht so sehr in neuen Formen als aufs Neue, wie in einem Missionslande, gepredigt werden. Eben deshalb befliss er sich der größten Einfachheit und Klarheit.

Es kamen übrigens alle Zuhörer auf ihre Rechnung. Hofbauer, der Männer wie Schlegel. Müller, Werner, den Philosophen Günther, Studenten und Professoren der Universität an seine Kanzel zu fesseln wusste, hat den Beweis erbracht, dass eine echt apostolische Predigt das Kind und den Gelehrten gleichzeitig zu befriedigen imstande ist. Freilich sind solche Apostel selten. Der Durchschnittsprediger wird auf die volle Ausnützung der rhetorischen Hilfsmittel nicht verzichten können wie ein Heiliger. Man darf aber behaupten, dass Hofbauers Predigt eben dadurch gewann, dass seiner Rede die natürliche Anziehungskraft abging; so trat die Macht seines Glaubens ganz unverhüllt hervor. Es war für Wien notwendig und heilsam, dass es neben den vielen zierlichen Modepredigern mit ihrer hohlen Rhetorik auch einen solchen Prediger besaß. Das Volk fühlte den Unterschied bald heraus. Man konnte häufig das Wort hören: Willst du einen glänzenden Prediger hören, dann gehe in diese und jene Kirche; willst du einen Apostel hören, gehe nach St. Ursula.

Noch ein Wort über seine Vorbereitung auf die Predigt. Günther bemerkt, man sah es seinen Predigten an, dass sie das Ergebnis von Stehgreif und Meditation seien. Hofbauer ließ sich unter der Woche das Evangelium des folgenden Sonntags vorlesen; darüber stellte er in freien Augenblicken Betrachtungen an. Oft winkte er schon nach wenigen Sätzen dem Leser ab: „Sufficit!“ (Es genügt.) Die Gedanken strömten ihm in Fülle zu. Don Pajalich erwies ihm häufig diesen Liebesdienst. Eines Tages fragte ihn Hofbauer, worin die beste Vorbereitung auf die Predigt bestehe; ohne die Antwort abzuwarten, klopfte er sich mit der Hand auf das Knie, womit er das Gebet als die Hauptsache bezeichnen wollte.