Das Läuterungsfeuer

Quelle: Distrikt Österreich

Gott ist ein verzehrendes Feuer (Dt 4,24) das al­les verbrennt, was Ihm nicht entspricht und alles mit Glorie umgibt, was Ihm entspricht. Das Feuer des Himmels, das Feuer des Fegefeuers, das Feuer der Hölle sind das gleiche Feuer Gottes. Im Him­mel umgibt es die Auserwählten, indem es sie mit Herrlichkeit überhäuft; im Fegefeuer läutert es die Seelen in der Liebe von ihren Unvollkommenhei­ten; in der Hölle brennt es dauerhaft jene, die sich vor Gott verschlossen haben und sich selbst zu Göttern gemacht haben.

Das ist das Feuer der göttlichen Liebe. Die Seele, die nicht ganz rein ist, empfindet ein Leid, das von dem schmerzhaften Feuer kommt, das ihre Unvoll­kommenheiten und Unreinheiten verzehrt. Sie fühlt sich dazu erschaffen, sich Gott zu öffnen, wie eine Blume an der Sonne, um umstrahlt zu werden von Seiner Herrlichkeit und Liebe. Ihre Unvollkommenheiten verhindern ihr Erblühen und rufen in ihr gleichsam ein brennendes Feuer hervor, dem sie sich nicht entziehen kann, umso mehr als sie merkt, dass es zu ihrem Besten und ihrem Glück ist, damit sie sich zu Gott erheben kann, bis sie in Seiner Herrlichkeit erstrahlt.

Die Seele wird gerettet, aber wie durch Feuer (1 Kor 3,15). Denn am Tag des Herrn, an dem wir diese Erde verlassen, um zu Ihm zu gehen, wird das Werk jedes Einzelnen offenbar, enthüllt im Feuer Gottes, im Licht Seiner Liebe; und dieses Feuer wird die Güte des Werkes jedes Einzelnen erweisen (1 Kor 3,13). Dieses Feuer verliert umso mehr seinen schmerzhaften Charakter, umso mehr die Seele gereinigt ist; es verwandelt sich in Herrlich­keit, wenn die Seele in den Himmel eintritt, wo sie vom Lichte Gottes überflutet wird. Dieses Feuer ist schmerzhaft und vergänglich im Fegefeuer, es ist schmerzhaft und ewig in der Hölle, es ist glorreich, beglückend und ewig im Himmel (Mt 18,9; 25,41).

Ermahnung

Denken wir daran, dass die Leiden dieses Lebens, wie immer sie auch sein mögen, nicht verglichen werden können mit diesem Feuer des Fegefeuers. Man müsste unmenschlich sein, nicht an das Stöh­nen jener Seelen zu denken, die durch das Fegefeuer gehen, ein nicht erlahmendes Feuer, von dem es keine Zerstreuung gibt, denn die sichtbare Welt ist beim Tode verschwunden. Welch langes Leiden bedeutet das für diese Seelen, wenn wir nicht durch unsere Barmherzigkeit für sie zu ihrer Heiligung und zur Milderung ihrer Qualen beitragen! Wenn wir unsererseits in dieses Läuterungsfeuer kommen, wie dankbar werden wir sein gegen jene, die auf Erden diese Härten für uns mildern, durch ihre Gebete und ihr Erbarmen. Nutzen wir dieses irdische Dasein, das eine Zeit der Barmherzigkeit ist, da wir beim Tode die Gerechtigkeit Gottes im Feuer der göttlichen Liebe kennenlernen werden.

Gebet

Herr, allmächtiger Gott, Dessen Heiligkeit nicht die geringste Unreinheit in unserem Leben erträgt, und Dessen Liebe das verbrennt, was in unseren Seelen nicht von Dir ist, hilf uns, das Werk der Buße zu ver­richten und in allem nach Deinem Willen zu handeln. Möge Dein läuterndes Feuer schnell in den Seelen unserer Verstorbenen ihre Aufgabe erfüllen. Herr, mögen die Seelen der verstorbenen Gläubigen durch Deine Barmherzigkeit ruhen in Frieden.

 

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Parvis-Verlages aus dem Buch "Arme-Seelenmonat" von J.-M. Girardin