Der heilige Bischof Altmann von Passau

Quelle: Distrikt Österreich

Böhmische Gesandte übergeben Bischof Altmann eine Statue der Pieta für die neue Klosterkirche auf dem Göttweiger Berg (Fresko in der Stiftskirche Göttweig)

Es mag Sommer gewesen sein, als drei Studenten, die gemeinsam in Paris studiert hatten und denen dort eine hervorragende Ausbildung zuteil wurde, sich an einer Quelle im heutigen Dorf Steinaberg (nahe Göttweig) niederließen, um ihren Reiseproviant zu verzehren. Und so, wie viele junge Menschen es seit ewigen Zeiten tun, sprachen auch sie an jenem Tag über ihre Zukunft. Doch dieses Gespräch war ein außergewöhnliches, muss es doch vom Heiligen Geist inspiriert worden sein. Denn während sie miteinander scherzten, sagten die drei jungen Männer ihre Zukunft als Bischöfe voraus: der eine, Gebhard mit Namen, meinte, er werde Bischof von Salzburg werden, Adalbero hingegen Bischof von Würzburg und Altmann Bischof von Passau. Ihre Voraussagen sind exakt eingetroffen, darüber hinaus gründeten alle drei Klöster und alle drei wurden zu Heiligen der katholischen Kirche ernannt. Über dieses denkwürdige Gespräch, seit dem fast 1000 Jahre ins Land gezogen sind, berichtet uns die sog. Vita Altmanni, eine Lebensbeschreibung des hl. Altmann, die drei Jahrzehnte nach seinem Tod verfasst wurde. An der Stelle, wo dieses Gespräch stattfand, befindet sich heute das sog. „Altmannibründl“.

Der hl. Altmann entstammte einem Adelsgeschlecht aus Westfalen und wurde um das Jahr 1015 geboren. Seine Ausbildung erhielt er an der Domschule in Paderborn, der damals besten und berühmtesten Schule in Norddeutschland, wo er nicht nur ein umfassendes Wissen erwarb, sondern wo er sicher auch lernte, mit ganzer Kraft für Wahrheit und Recht einzutreten. Er setzte seine Studien an einer renommierten Schule in Paris fort, aber wann und wo er zum Priester geweiht wurde, entzieht sich unserer Kenntnis. Später kehrte er an die Schule in Paderborn zurück, zunächst als Lehrer und etwa im Jahr 1042 als Leiter dieser Schule. Hier war es auch, wo Kaiser Heinrich III. auf den herausragenden Charakter Altmanns aufmerksam wurde, und er ernannte ihn zum Stiftspropst in Aachen sowie zum Kaplan am kaiserlichen Hofe, wo er besonders durch Kaiserin Agnes geschätzt wurde. Sie dürfte es auch gewesen sein, die Altmann den Auftrag erteilte, die große Pilgerfahrt ins Heilige Land im November 1064 mitzumachen, an der etwa 6000 Pilger teilnahmen. Zu dieser Zeit war eine solche Pilgerfahrt mit ungeahnten Strapazen verbunden, die Pilger wurden durch Seuchen und durch die Sarazenen hinweggerafft und nur weniger als die Hälfte derer, die aufgebrochen waren, kehrten in ihre Heimat zurück.

Altmann wird Bischof von Passau

Zu den Rückkehrern zählte auch Altmann. Auf dem Rückweg im Jahr 1065 erhielt er in Szekesfehervar (Ungarn) die Nachricht, dass er auf Betreiben von Kaiserin Agnes und ihres Sohnes, König Heinrich IV. zum Bischof von Passau ernannt worden war. Der bisherige Inhaber dieses Amtes, Eigilbert, war kurz zuvor verstorben. Aufgrund seiner großen Gelehrsamkeit und seiner Herzensgüte betrachtete man Altmann als den würdigsten Nachfolger in diesem Amt. Hirtenstab und Bischofsring wurden ihm schon in Ungarn übergeben und bei seiner Ankunft in Passau erwartete und feierte ihn eine ungeheure Menschenmenge. In Salzburg empfing er von Gebhard, seinem Jugendfreund, der mittlerweile Bischof von Salzburg war, die Bischofsweihe.

Das Bistum Passau war im Jahr 739 vom hl. Bonifatius gegründet worden und war mit 42.000 km² das größte Bistum des Heiligen Römischen Reiches, das sich über Wien bis in den Westen Ungarns erstreckte. Besonders im Osten dieses Bistums warteten immense Aufgaben auf den neuen Bischof: Die vorhandenen Kirchen waren samt und sonders aus Holz gebaut, die meisten waren verfallen, es gab Priester, die kaum Latein beherrschten, jedoch mit Frauen und Kindern lebten, Gutsherren, die ihre Rechte zur Vergabe von geistlichen Stellen verkauften, selbst in den Klöstern herrschten schwere Missstände. Bereits unter Kaiser Heinrich III., noch mehr aber unter seinem Sohn Heinrich IV. war die Laieninvestitur (der König bzw. die Grundherren bestanden auf dem Recht, geistliche Ämter, wie Bischöfe, Äbte, Pfarrer mit Männern ihrer Wahl zu besetzen bzw. sogar Laien in solche Ämter zu berufen) weit verbreitet, was diese Würdenträger zu Vasallen des Königs machte und durch Fehlbesetzungen oft einen schweren sittlichen Verfall in den betreffenden Gebieten zur Folge hatte.

Reformarbeit im Bistum Passau

Bischof Altmann brachte die notwendigen Voraussetzungen mit, diesen Missständen entgegenzutreten. Er war tiefgläubig, wahrheitsliebend, verfügte über einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn sowie den erforderlichen Kampfgeist und die Ausdauer für seine große Aufgabe. In ausgedehnten Visitationsreisen verschaffte er sich einen Überblick über die sittlichen Zustände in Klerus und Volk. Die Kraft für die unglaubliche Pionierarbeit, die er in den folgenden Jahren leistete, holte er sich durch Gebet und Fasten.   

Sein Reformwerk begann er im Jahr 1067 mit einer Klostergründung nahe seiner Passauer Residenz, nämlich mit der Gründung des Chorherrenstifts St. Nikola, das zum Ausgangpunkt seiner Pläne wurde. Vier Jahre später reformierte er die Klöster St. Florian sowie Kremsmünster ganz im Sinne der Reformbewegung, die im französischen Benediktinerkloster Cluny ihren Ausgang genommen hatte und sich die Rückkehr zum wahren und reinen Geist des Christentum und zu einem erneuerten christlichen Leben zum Ziel gesetzt hatte. Zur Durchführung seiner Pläne holte er sich Mönche aus den Klöstern, die bereits nach den reformierten Regeln lebten. Im Jahr 1071 errichtete er auf dem Göttweiger Berg eine Kirche, der hl. Erentrudis geweiht.

Unermüdlich im Kampf für Papst und Kirche  

Im Jahr 1073 bestieg mit Gregor VII. ein herausragender Geist den Papstthron, er war beseelt von dem Gedanken, dem Zeitgeist entgegenzutreten, die Kirche zu reformieren und sie zu einer neuen Blütezeit zu führen und auch er bediente sich dabei der Reformideen, die vom Kloster in Cluny ausgingen. Er bekämpfte die Simonie (Kauf von kirchlichen Ämtern), die Priesterehen sowie den Einfluss der Laien auf das kirchliche Leben. Da er beim Kaiser kein Verständnis für seine Ideen fand, kam es in der weiteren Folge zu massiven Konflikten, zum Kampf, nicht nur mit dem Kaiser, den Fürsten und Adeligen, sondern mit dem ganzen Abendland. Sein Name ist untrennbar mit dem Ausdruck „Investiturstreit“ verknüpft, in dem Gregor VII. für das Recht kämpfte, dass nur kirchliche Instanzen Bischöfe und Äbte ernennen könnten, nicht aber weltliche Herrscher, wie es bis dahin üblich war. Bei der Fastensynode in Rom am 9. März 1074 erließ er die entsprechenden Weisungen, sie sollten im gesamten Heiligen Römischen Reich öffentlich verkündet werden. Von 40 deutschen Bischöfen folgten nur zwei dieser Anordnung und einer davon war Bischof Altmann von Passau, der beim Klerus sofort auf erbitterten Widerstand stieß. So verkündete er am 26. Dezember 1074 von der Kanzel der Domkirche vor dem versammelten Klerus und den Adeligen das Dekret von Gregor VII., welches die Übernahme geistlicher Ämter aus Laienhand und den Kauf von geistlichen Würden verbot, weiters verbot es den Priestern bei Strafe der Exkommunikation eine Verehelichung bzw. den ehelichen Umgang. Die Predigt endete in Tumulten und Bischof Altmann verdankte sein Leben an diesem Tag nur einigen anwesenden Adeligen, darunter auch dem Markgrafen von Österreich. Dieses Vorkommnis war aber nur der Beginn von den nachfolgenden Wirren, die in ganz Deutschland entbrannten. Im Konflikt zwischen Papst und Kaiser vertrat Bischof Altmann konsequent die Sache der Kirche.

Bischof Altmann arbeitete weiter an seinem Reformwerk und kämpfte gegen die Lauheit im kirchlichen Leben, gegen Unsittlichkeit und Verweltlichung. Die erbosten Kleriker suchten Schutz bei Heinrich IV., dieser berief im Jänner 1076 die Bischöfe und Prälaten zu einer Synode nach Worms, wo die Würdenträger aus Angst vor dem König dem Papst den Gehorsam aufkündigten. Daraufhin erfolgte von Rom aus die Exkommunikation sowie die Absetzung Heinrichs IV. Bei der Synode in Worms waren weder Bischof Altmann noch Gebhard von Salzburg erschienen. Heinrich IV. rächte sich bitter, er fiel in Passau ein, richtete massive Zerstörungen an, setzte die vertriebenen Geistlichen wieder ein, verschenkte kirchliche Güter an seine Günstlinge und enthob Altmann seines Bistums.

Zuflucht auf dem Göttweiger Berg

Bischof Altmann musste fliehen und zog sich in den Ostteil seiner Diözese zurück, wo er die Unterstützung des Markgrafen Leopold II. fand. Im Jahr 1081 errichtete er auf dem Göttweiger Berg seine Gegenresidenz, von hier aus wirkte er als rechtmäßiger, von Papst Gregor VII. bestätigter, Bischof des östlichen Diözesangebietes. Er gründete hier das Kloster und berief Augustinerchorherren auf den Göttweiger Berg. Als im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen jener Zeit ein Heer von 6000 Soldaten aus Böhmen und Mähren das Land nördlich der Donau verwüsteten und ausplünderten, errichtete Altmann in Göttweig ein Sammellager für die Vertriebenen. Er teilte die letzten Vorräte aus seinem Lager mit den Hungernden und wurde von diesen „Vater der Armen“ genannt. Ihm gelang auch die Reform des Klosters in St. Pölten, wohin er gottesfürchtige Männer, die nach der Regel des hl. Augustinus lebten, berief. Er unterstützte den steirischen Markgrafen Ottokar bei der Gründung des Klosters Garsten und am 9. September 1083 weihte er die Klosterkirche in Göttweig zu Ehren der Muttergottes. Mit großer Strenge überwachte er die Entwicklung des Klosters. Im Jahr 1089 gelingt ihm die Reform des Klosters Melk und so garantiert er eine geregelte Seelsorge, die Bildung der jungen Menschen, die Kultivierung des Ackerbaus und die Förderung der Gewerbe. Auf die Wirrnisse des Investiturstreites, die sich noch bis 1122 dahinziehen sollten und große Konflikte zwischen dem Papsttum und dem Kaisertum mit sich brachten, kann hier nicht näher eingegangen werden, eines aber muss festgestellt werden: Bischof Altmann versuchte stets zu vermitteln, hielt jedoch der Kirche unerschütterlich die Treue.

Der Tod des großen Bischofs  

Am 8. August 1091 stirbt Bischof Altmann in Zeiselmauer bei Tulln an einer fieberhaften Erkrankung, fern seiner Bischofsstadt, aus der er verjagt worden war. Seine beiden Freunde aus Jugendtagen, die Bischöfe Gebhard und Adalbero waren schon in den Jahren zuvor verstorben. Mit großen Ehren wird sein Leichnam von Klerus, Adel und Volk nach Göttweig gebracht, wo er seine letzte Ruhestätte findet. Sofort setzt ein Zustrom Hilfesuchender an seinem Grab ein, über vielfache Wunder, die er nach seinem Tod gewirkt haben soll, berichtet die „Vita Altmanni“ mit näheren Angaben zu den Personen und deren Herkunftsorte und bezeichnet das Grabmal als eine Gnadenstätte.

Als nach dem Tode Altmanns die Disziplin in Göttweig nachließ, erschien der verstorbene Bischof dem Prior Hartmann von St. Blasien im Schwarzwald im Schlaf, empfahl ihm das Kloster Göttweig und übergab ihm den Hirtenstab. Im gleichen Jahr 1094 wurde das Augustinerchorherrenstift in ein Benediktinerkloster umgewandelt und unter Abt Hartmann wurde Göttweig zu einem Mittelpunkt des geistigen, geistlichen und wirtschaftlichen Lebens der Markgrafschaft Österreich.                                                                                                                                                                                                                                                                                                              

Der Jahrestag seines Todes, der alljährlich in Göttweig gefeiert wurde, wurde schon früh als der eines Heiligen gefeiert. Wie aus einer Urkunde hervorgeht, wurde schon im Jahr 1184 am Tag des hl. Altmann Brot an die Armen ausgeteilt. Die Billigung der Verehrung erfolgte im Jahr 1300 durch Papst Bonifatius VIII. und 1496 durch Papst Alexander VI. Heute finden sich seine Reliquien im sog. Altmanni-Reliquienschrein in der Krypta der Stiftskirche Göttweig. Die auf dem Schrein angebrachten Emailmedaillons berichten von seinen Wundertaten.

Eine überragende Persönlichkeit der Kirchengeschichte

Bischof Altmann war ein unermüdlicher und äußerst konsequenter Kämpfer für die christlichen Werte. Er war ein zutiefst frommer Priester und Seelsorger und seine erste Sorge galt der würdigen Feier des heiligen Messopfers. Bald schon nach seinen ersten Visitationsreisen durch sein Bistum gab er den Auftrag, die verfallenen Holzkirchen durch steinere Kirchen zu ersetzen. Er war aber auch ein fürsorglicher Oberhirte und ein überzeugter Diener seines Heimatlandes. Seine hohe Bildung, seine offensichtliche Vielseitigkeit und sein Organisationstalent ermöglichten ihm nicht nur die vielen Pfarr- und Klostergründungen, die zu kulturellen Zentren wurden, er bemühte sich auch um einen tüchtigen Nachwuchs im Klerus und um ein gutes Schulwesen. Er förderte die Kunst sowie die Literatur in deutscher Sprache. Als Mann mit wirtschaftlichem Weitblick errichtete er neue Siedlungen und wirtschaftliche Zentren im Marchfeld und im Norden des Landes. Man kann ihn wahrhaft zu den größten Persönlichkeiten der deutsch-österreichischen Kirchengeschichte zählen.

Durch die gesamte Geschichte der Kirche zieht sich ein roter Faden: Immer wieder zogen Missstände in die heilige, katholische und apostolische Kirche ein und immer wieder wurde sie von schwersten Konflikten erschüttert. Aber immer wieder sandte Gott Persönlichkeiten in die jeweilige Zeit, Heilige, denen es gelang, mit Einsatz all ihrer Kräfte diesen Fehlentwicklungen entgegenzutreten und die Kirche zu einer neuen Blütezeit zu führen. Und wenn wir heute, im 21. Jahrhundert, darunter leiden, dass unsere geliebte Mutter Kirche schwerst erkrankt ist, so dürfen wir vertrauen, dass unser Herr Jesus Christus, das Haupt Seiner Kirche, Seine Werkzeuge zur Heilung dieser vermeintlich bereits toten Kirche schon längst erwählt hat. Der hl. Altmann möge uns ein Fürsprecher sein, unser Vertrauen in die Zusage Christi zu stärken: „Denn die Pforten der Hölle werden sie nicht überwältigen!“

 

Tagesgebet am Festtag des hl. Altmann (8. August)

Allmächtiger, ewiger Gott, Du hast den heiligen Bischof Altmann zu einem unerschrockenen Vorkämpfer für die Freiheit und Ehre Deiner Kirche gemacht und durch ihn das geistliche Leben erneuert. Höre auf seine Fürsprache: Hilf uns, in den Schwierigkeiten unserer Zeit zu bestehen und führe uns zu jener Freude, die Du denen bereitet hast, die Dich lieben. Amen.

 

Quellen:

„Der heilige Altmann von Passau“ von Adalbert Fuchs OSB

„Der heilige Altmann, Bischof von Passau – Sein Leben und sein Werk“, Festschrift zur 900 Jahr-Feier

„Von Stift zu Stift in Österreich“ von Gerhard Stenzel

„Helden und Heilige“ von Hans Hümmeler

„Sankt Altmann – Leben und Wirken“ von Gregor M. Lechner OSB