Der hl. Franz von Sales und die Schönheit des katholischen Glaubens

Quelle: Distrikt Österreich

Am 29. Januar feiern wir den Festtag des hl. Franz von Sales. Unglaublich viel wurde über diese so außergewöhnliche Persönlichkeit geschrieben, welche schon zu Lebzeiten als Heiliger verehrt wurde. Es gibt nicht viele Heilige, die es ihren Biographen so leicht machten wie er, pflegte er doch einen sehr offenherzigen Umgang mit seinen Freunden und ließ sie an seinen Überlegungen und Gedanken stets teilhaben. So verwundert es nicht, dass bereits wenige Jahre nach seinem Tod zahlreiche Biographien von seinen Zeitgenossen verfasst wurden.

Sein Leben in einem kurzen Artikel zu beschreiben, ist praktisch unmöglich. Daher haben wir uns auf dieser Webseite schon mehrmals mit dem so reichhaltigen Leben des hl. Franz von Sales befasst und werden es sicher auch noch in Zukunft tun. Heute beschäftigen wir uns mit der kurzen Zeitspanne von etwa vier Jahren, unmittelbar nach seiner Priesterweihe, welche am 18. Dezember 1593 stattfand. Nach einer kurzen Zeit als Domprobst in Annecy meldete er sich freiwillig zur Missionsarbeit für die Region Chablais, am Südufer des Genfer Sees, ein Gebiet, das heute halb in Frankreich und halb in der Schweiz liegt. Dieses Gebiet war seit 1536 protestantisch und war jetzt eine völlig verarmte Gegend, von langen Kriegen verwüstet. Für die Katholiken in Annecy war es ein Ort des Schreckens, waren hier doch schon mehrfach katholische Missionare durch die Calvinisten ermordet worden. Chablais galt als ein für die Katholiken verlorenes Gebiet und niemand wagte es schon seit langem mehr, dort einen Missionierungsversuch zu beginnen.

Die Schönheit des katholischen Glaubens

So ist es nicht verwunderlich, dass Freunde und Bekannte des hl. Franz von Sales entsetzt waren, als sie von seinen Plänen hörten, noch mehr aber war es sein Vater, ein Angehöriger des Hochadels, dessen Pläne, die er für seinen Sohn gehabt hatte, ohnehin schon durch die Priesterweihe durchkreuzt worden waren. Hatte er doch nach dem Studium seines ältesten und hochintelligenten Sohnes in Paris von einer glänzenden Karriere als Advokat geträumt.  Als er nun aber vom Vorhaben seines Sohnes erfuhr, nach Chablais zu gehen, dachte er, sein Sohn wäre verrückt geworden. Sofort ritt er nach Annecy und flehte seinen Sohn an, von diesem Wahnwitz Abstand zu nehmen. Vater und Sohn waren erschüttert und weinten beide, der Vater vor Angst, der Sohn vor Rührung – aber Franz blieb unerschütterlich bei seinem Entschluss: Vor ihm lag eine Aufgabe, bei der er in die direkte Nachfolge Jesu Christi treten konnte – und genau das war es, was in seiner Absicht lag.

Sein Cousin Louis, ebenfalls Priester, schloss sich ihm an und am 9. September 1594 brachen die beiden Missionare auf. Drei Tage lang bereiteten sie sich durch Gebet, Buße und Nachtwachen auf ihre schwierige Arbeit vor, auch legten sie eine Beichte ab, um, wie sie sagten, „den Stolz und die Hartnäckigkeit der Irrgläubigen mit möglichst großer Demut und Reinheit zu bekämpfen.“  Ihre Ausgangsbasis war die Festung von Allinges. Franz von Sales war überzeugt, dass die Menschen konvertieren würden, sobald sie den katholischen Glauben in seiner Schönheit kennen lernten. 30.000 Menschen lebten in diesem Gebiet, nicht einmal 100 davon waren katholisch geblieben, und diese wagten es nicht, ihren Glauben öffentlich zu zeigen, aus Angst um ihr Leben und ihre Habe. Menschlich gesehen war die Missionierung von Chablais unmöglich, war von vornherein zum Scheitern verurteilt und musste zwangsläufig mit dem Tod der beiden Missionare enden. Stundenlang gingen die beiden zu Fuß durch unwegsames und unheimliches Gebiet, sprachen mit den Menschen und luden sie zur sonntäglichen Predigt ein. Franz‘ Cousin Louis wurden die Strapazen schon nach vier Tagen zuviel, er gab auf, Franz schickte ihn zurück auf das Schloss Sales, um dort seinen Vater über die Abwesenheit seines Lieblingssohnes zu trösten.  

Einsatz der mächtigsten Wafffen: Gebet, Almosen und Fasten

Er aber blieb allein zurück, doch darüber spürte er jetzt eine große Freude, er war überzeugt, dass Schwäche und Armut am besten geeignet wären, die Kraft Gottes herabzuziehen. Tag für Tag, wochenlang, legte er weite Strecken zurück, ohne auch nur den kleinsten Erfolg zu erleben. Der Winter kam und stundenlang kämpfte er sich durch Eis und Schnee, war oft halb erfroren und hungrig, bat um ein wenig Essen und wurde verjagt, aber er gab nicht auf, er suchte das Gespräch mit den Menschen und hielt Predigten, auch wenn niemand kam. „Für mich passt diese Stelle ausgezeichnet“, sagte er, „ich bin kaum zu etwas anderem gut, als den Steinen zu predigen, und das tue ich hier in dieser Stadt.“ Mit Beginn des Advents fing Franz zu fasten an, denn „Gebet, Almosen und Fasten sind drei Teile eines Seiles, das der Feind schwer zerreissen kann.“ Trotz der körperlichen Strapazen nahm er noch weniger zu sich als das Notwendigste.

Das Jahr 1595 begann und noch immer kamen höchstens fünf Leute zu seinen Predigten. So entschloss er sich, Schriften zur Verteidigung des katholischen Glaubens zu verfassen und den Calvinisten als Flugblatt ins Haus zu schicken. Die Folge davon war ein erneuter Mordanschlag – mehrere zuvor gingen alle glimpflich aus – ein Entrinnen schien unmöglich und Franz ging seinen Mördern mit majestätischer Güte entgegen, sie aber wichen unter seinem Blick zurück. War es ein direktes Eingreifen des Himmels? Oder waren die Mörder so beeindruckt von seinem Mut und seiner Güte, dass sie sich zurückzogen?

Der Bischof wird ungeduldig

Die Fastenzeit kam und auch die Fastenpredigten fanden vor höchstens fünf Personen statt und nun wurde Bischof Granier in Annecy, der Franz hierher geschickt hatte, ungeduldig. Er rief ihn nach Ostern zu sich und fragte nach greifbaren Erfolgen. Franz musste ihm bekennen, dass er noch keinen einzigen Calvinisten bekehrt hatte, dennoch überredete er den Bischof, ihn zurück nach Chablais zu schicken.  

Das Fest Mariä Heimsuchung wollte er besonders feierlich begehen, er machte eine beschwerliche Wallfahrt zur Marienkapelle am Berg Voiron und bat dort die Gottesmutter inständig, sie möge sich doch der armen Ungläubigen annehmen. Mit seiner Bitte wurde ihm zugleich auch die Gewissheit zuteil, erhört worden zu sein. Zunächst aber überlebte er einen neuerlichen Mordanschlag und sogar er selbst, der sonst derartige Aussagen strikt von sich wies, gab zu, dass er durch ein Wunder gerettet worden war.

Neun Monate waren vergangen, scheinbar ergebnislos, und doch waren sie wohl eine Zeit, in der die Frucht Zeit brauchte, um zu keimen, nachdem die Saat ausgebracht worden war. Insgeheim waren viele Calvinisten in ihrem Glauben erschüttert worden. Sie kamen zwar weiterhin nicht zu seinen Predigten, aber sie begannen seine Güte und Ausdauer zu schätzen, ein solches Verhalten hatten sie bis jetzt bei ihren eigenen Predigern nicht kennengelernt. Aber noch traute sich niemand, dies öffentlich zu zeigen. Als sich aber zwei Prominente, nämlich ein Baron und ein Mitglied des Stadtrates nach reiflicher Überlegung bekehrten, bedeutete das einen Wendepunkt in Chablais. Franz von Sales forderte die calvinistischen Prediger zu einer öffentlichen Debatte auf, aber keiner erschien, nicht einmal der berühmte Prediger Faye aus Genf. Das erzürnte Franz so sehr, dass er sich ein Pferd lieh, nach Genf ritt und Faye am Marktplatz zum rhetorischen Kampf aufforderte. Scharen von Menschen kamen und mussten erleben, dass ihr „großer“ Prediger Faye kläglich in die Enge getrieben wurde und als Verteidigung nur Schmähungen einsetzen konnte, was ihn natürlich zutiefst unglaubwürdig erschienen ließ. Nun aber wurden viele der Calvinisten nachdenklich, zögerlich kamen sie zu den Predigten von Franz von Sales und suchten das Gespräch mit ihm. Seine Zuhörerschaft wuchs, zugleich wurde seine Arbeit noch schwieriger, denn er war allein und wurde jetzt von den Leuten förmlich umlagert. Erst nach zwei Jahren wurden zwei weitere Seelsorger nach Chablais geschickt.

Ein großes Problem stellte sich nun: viele Menschen konnte Franz von Sales von der Wahrheit der katholischen Religion überzeugen, aber sie wagten es nicht, zu konvertieren, weil sie Angst um ihre Stellung und somit um das Wohl ihrer Familie hatten. So musste er sich darum kümmern, dass diese Leute Arbeit fanden, er bat bei katholischen Adelsfamilien und Gutsbesitzern um Arbeit und Asyl, er schickte viele sogar zum Schloss seines Vaters, der sie alle aufnahm. Sonst aber blieb ihm tätige Hilfe versagt, er erkannte, dass es unmöglich ist, allein Hunderte seelsorglich zu betreuen, ihnen und ihren Kindern Glaubensunterricht zu erteilen und allen die Erfüllung der Sonntagspflicht zu ermöglichen.

Franz von Sales sucht Hilfe beim Herzog

Im tiefsten Winter entschloss er sich also, über den St. Bernhardpass nach Turin zu gehen, um dort den Herzog aufzusuchen und ihn um Hilfe zu bitten, er fürchtete, ihn später nicht mehr zu erreichen. Fast wäre er erfroren auf dieser mühevollen Reise, man hielt ihn für wahnsinnig, als er im dichtesten Schneegestöber und eisiger Kälte aufbrach, ihn aber trieb einzig und allein der Gedanke an die Rettung der Seelen an, und da scheute er keine Gefahr. Er erreichte Turin, aber der Herzog hielt den jungen Mann zunächst wohl auch für verrückt – so wie es viele taten, auch sein eigener Vater – und zögerte mit seiner Hilfestellung. Franz, der unter Einsatz seines Lebens diese Reise gewagt hatte, war nicht enttäuscht und verbittert, er ging zurück und setzte einfach seine Arbeit fort. Aus Briefen, die er an einen Freund schrieb, wissen wir aber, wie einsam er sich in dieser Zeit fühlte. Nun waren es schon Jahre, dass er auf isoliertem Posten stand, immer in Kampfesposition, ob mit Worten oder nur das bloße physische Leben verteidigend. Und doch: trotz aller Widerstände ging die Missionierung von Chablais voran. Immer wieder sann er über neue Mittel und Wege nach, wie er Gottes Güte und Barmherzigkeit zu den Menschen bringen konnte.

Tausende Bekehrungen durch 40 Stunden Gebet

So hielt er im Jahr 1598 das vierzigstündige Gebet in Thonon mit großer Feierlichkeit ab und obwohl es heftigste Schmähungen der Calvinisten dagegen gab, konnte diese Tatsache nicht verhindern, dass  dieses Gebet 3000 Bekehrungen bewirkte! Er organisierte eine feierliche Prozession in der Nähe von Genf, zu der die Teilnehmer herbeiströmten, obwohl es vorher hieß, dass keiner am Leben bliebe, der daran teilnehmen werde. Der gegnerische Angriff blieb aus, die Prozession wurde zu einem Triumph des Kreuzes, das voranzutragen, sich vorher alle aus Angst geweigert hatten. Durch den Mut, die Entschlossenheit, die Ausdauer, v.a. aber durch die Gottes- und Nächstenliebe eines einzelnen Menschen geschah das zuvor undenkbare Wunder:  Chablais war nach nur vier Jahren zu zwei Dritteln wieder katholisch geworden, dank eines Mannes, der die ganze Kraft seiner jungen Jahre – er war 27 Jahre alt, als er im Chablais begann – einsetzte, um die Menschen, die sich im Irrglauben befanden, wieder zur wahren katholischen Religion zurückzuführen. Er gab buchstäblich alles, was er geben konnte – und Gott ergänzte das, wo der Heilige an seine Grenzen stieß. Franz von Sales hatte, mit der Gnade Gottes, in völlig selbstloser Weise wahrhaft Unmenschliches geleistet.

Eine neue Aufgabe

Eines Tages nach diesen vier Jahren rief ihn Bischof Granier von Annecy, der ihn nach Chablais geschickt hatte, zu sich und wollte ihn zu seinem Koadjutor und späteren Nachfolger machen. Franz von Sales erschrak zutiefst und verweigerte entschieden die Annahme dieses Amtes, er fühlte sich dazu nicht würdig. Er wäre zu jeder Arbeit bereit, wolle keine Mühe scheuen, sich jeder Gefahr stellen, aber er könne kein Amt bekleiden, dem er nicht gewachsen sei. Es bereitete ihm große seelische Schmerzen, den Bischof zu enttäuschen, aber er blieb bei seiner Weigerung. Der Bischof aber gab nicht auf. Er rief den Herzog zu Hilfe und interventierte sogar in Rom, um Franz von Sales zu überzeugen, dass er und nur er für dieses Amt geeignet wäre. Das Argument, das ihm schließlich vorgelegt wurde, stimmte den Heiligen nachdenklich: „Sie wollen sich doch sicherlich nicht dem Willen Gottes widersetzen!“ Franz von Sales hielt inne, dann sagte er, er werde am nächsten Morgen die Messe vom Heiligen Geist lesen und dann tun, was der Herr ihm sagen werde. So geschah es, lange blieb er nach der hl. Messe im Gebet versunken, schließlich aber stimmte er zu. Ein neues, nicht minder großes und herausforderndes Aufgabengebiet lag nun vor ihm.

Ein unwiderlegbares Argument

Unzählige Geschichten und Anekdoten gibt es aus der Zeit, als der Heilige im Chablais wirkte. Eine davon möchten wir hier wiedergeben, weil sie eine Thematik berührt, die die Menschen heute wie damals beschäftigt. Zu den Leuten, die zu Franz von Sales in Thonon regelmäßig kamen, zählte auch eine ältere Dame, die ihn fast täglich aufsuchte. Mit ungeheurem Redeschwall brachte sie alle möglichen Argumente gegen die katholische Kirche vor, Franz hörte geduldig zu und sagte kaum etwas zur Entgegnung. So ging es Tag um Tag, wochenlang. Ganz besonders störte die gesprächige Dame der Zölibat, sie bezeichnete ihn als Tyrannei von Rom. Der Heilige war oft todmüde, ließ sich aber trotzdem nichts anmerken, denn er hatte Mitleid mit ihr. Geduldig hörte er ihr zu, doch eines Tages, nachdem sie wieder mit dieser Thematik begann, erwiderte er ihr mit einem Lächeln: „Ach, Madame, wenn ich auch noch Frau und Kinder hätte, glauben Sie, dass ich dann Zeit fände, Sie so oft und so lange anzuhören?“ Das war das, was wir heute als „Totschlagargument“ bezeichnen: Die Frau hielt inne, gab dem Heiligen schließlich recht, fand den Zölibat plötzlich sehr vernünftig und konvertierte zum katholischen Glauben!

Hören Sie hier einen Vortrag von P. Johannes Regele über ein Zeugnis des hl. Vinzenz von Paul über den hl. Bischof Franz von Sales:

Quellen:

„Franz von Sales“ von Hildegard Waach
„Franz von Sales – Zur Erinnerung an seine Bischofsweihe am 8. Dezember 1602“ von Erich Hehberger