Der österreichische Vianney - ein heiligmäßiger Priester aus dem Waldviertel: Teil 2

Quelle: Distrikt Österreich

Fortsetzung: Teil 2

Für den lieben Gott ist nichts zu kostbar

So wie er um das Heil der Seelen besorgt war, so sorgte Pfarrer Brenner auch für das Gotteshaus. Die kleine Kirche des Ortes war bei seiner Ankunft in einem erbarmungswürdigen Zustand, er bezeichnete sie als „die kleinste und erbärmlichste Kirche von ganz Österreich“ und sofort setzte er sich für die Renovierung und Vergrößerung ein. Die Behörde sah zwar die Notwendigkeit einer Renovierung ein, zögerte aber lange und so steuerte er sein eigenes Vermögen aus dem väterlichen Erbe bei. Die Verschönerung des Gotteshauses und die Verherrlichung des Gottesdienstes waren sein Anliegen und innerhalb von 20 Jahren bekam die Kirche innen und außen ein freundliches Aussehen. Er schuf Paramente an, Prozessionskreuze, Fahnen und Standarten, die jeder Domkirche zur Ehre gereicht hätten. Bewegt durch seinen Glauben an die wirkliche Gegenwart Jesu im Allerheiligsten Altarsakrament war sein Grundsatz: „Für den lieben Gott ist nichts zu kostbar!“

Langsam änderte sich die politische Situation und die Kirche konnte aus dem Dämmerschlaf erwachen, in den sie durch Kaiser Joseph II. gedrängt worden war. Die Bischöfe erhielten freiere Hand in der Leitung ihrer Diözesen, die vertriebenen Ordensleute kehrten zurück. Auf Betreiben des Pfarrers Brenner wurde im Jahr 1852 erstmals seit 80 Jahren wieder eine Volksmission in Niederösterreich abgehalten. Schon am ersten Tag musste im Freien eine Kanzel errichtet werden, weil die Kirche die Menschen nicht fasste, am zweiten Tag kamen 8000 Menschen, um die Grundwahrheiten der katholischen Religion zu hören. Die Zahl der Zuhörer der Missionäre aus dem Redemptoristenorden stieg von Tag zu Tag, am Schluss waren 20.000 Menschen anwesend. 12 Beichtväter waren täglich von früh bis spätabends mit der Spendung des Bußsakramentes beschäftigt. Zur großen Freude des Roggendorfer Pfarrers brannte das in den Herzen entfachte Feuer auch weiter und seine Arbeit vermehrte sich ständig. Täglich fand unter seiner Leitung eine Abendandacht beim Missionskreuz statt, seine Pfarrkinder empfingen die heiligen Sakramente immer öfters und auch von auswärts kamen immer mehr Leute zu ihm zur Beichte und um seine Predigten zu hören.

Den 8. Dezember 1854, jenen Tag, an dem Papst Pius IX. den Glaubenssatz verkündete, dass die Allerseligste Jungfrau Maria ohne Erbsünde empfangen worden war, feierte Pfarrer Brenner mit einer großen und festlichen Prozession mit Trompeten und Pauken sowie mit einem feierlichen Hochamt. Seine kindliche Verehrung der Muttergottes ließ ihn alles aufbieten, um diesen Tag zu einem überaus schönen Fest zu machen. Der tägliche Rosenkranz war für ihn eine Selbstverständlichkeit und an den Orten, wo er seelsorglich wirkte, führte er den Rosenkranz am Sonntagnachmittag in der Kirche ein. So blieb es auch noch lange nach seinem Tod. 

Ein Prediger, der die Herzen rühren konnte

Um diese Zeit begann Pfarrer Brenner zu kränkeln, es dürfte sich um ein rheumatisches Leiden gehandelt haben. Das lange Beichthören in der im Winter eiskalten und feuchten Kirche setzte ihm zu, er hatte seiner eher schwächlichen Konstitution schon immer zu viel abverlangt. Die Krankheit tat seinem Arbeitseifer für die ihm anvertrauten Seelen aber keinen Abbruch, seine Gewissenhaftigkeit erlaubte ihm keine langen Erholungsurlaube. Er blieb ein gesuchter Prediger, er besaß eine eigene Gabe, Menschen zu rühren, zu ihrem Herzen zu sprechen. Man holte ihn zu Primizen und Kirchweihen als Festprediger, so z.B. in Altenburg, Maria Dreieichen, Eggenburg, Horn und zu vielen anderen Orten. Über seine Predigten sprach man tagelang, sie wurden mitgeschrieben und weiter verbreitet. Nicht selten passierte es, dass Menschen durch diese Schriften den Anstoß erhielten, zu ihm zur Beichte zu kommen. Seine Predigten waren Pfeile, die verwundeten, erschütterten, aber auch wieder heilten. Er saß nicht nur als Richter im Beichtstuhl, sondern auch als Arzt und Vater. Seine Devise war. „Auf der Kanzel ein Löwe, im Beichtstuhl ein Lamm“. Es gab Menschen, die einen Fußweg von 4-6 Stunden auf sich nahmen, um zu ihm zur Beichte zu kommen! Oft saß er schon um 2 oder 3 Uhr morgens im Beichtstuhl und um die Menschen nicht so lange nüchtern warten zu lassen, reichte er ihnen nach der Beichte die Hl. Kommunion. Dazu zündete er die Altarkerzen an, betete das Confiteor und ordnete danach wieder den Altar. So machte er es an manchem Tag 6-8mal, bevor es Zeit zur Hl. Messe wurde. An Sonntagen, wo er auch die Christenlehre erteilte, kehrte er oft nachmittags noch in den Beichtstuhl zurück und so wurde es oft 16 Uhr, bevor er erstmals an dem Tag Essen zu sich nehmen konnte.

Allein im Zeitraum vom September 1859 bis November 1867 hat er mehr als dreitausend Krankenbesuche absolviert. Die Kranken lagen ihm besonders am Herzen, schreibt er doch: „Nie ist der Mensch in einer größeren Not, als im Krankenbett, sowohl dem Leib als auch der Seele nach… Der Priester bringt Licht in die Finsternis der Seele, er bringt Worte des ewigen Lebens, er bringt die hl. Sakramente. Sie haben die Kraft, den Menschen zu wandeln… Wie neugeboren wird der Kranke, wenn er den geliebten Seelenhirten kommen sieht…“

Die Kraftquellen eines Priesters

Woher bezog er all die Kraft für seine übermenschlichen Anstrengungen? Die Antwort ist die gleiche, wie bei seinem französischen Ebenbild: aus dem Gebet. Das Brevier bildete nur den kleinsten Teil seiner täglichen Gebete und seine bevorzugte Gebetszeit war die Nacht, wo er allein in der Kirche mit Gott im Tabernakel Zwiesprache führte. Augenzeugen schrieben: „Ihn im Gebet zu sehen, zog unwillkürlich auch das eigene Herz zu Gott und entzündete es zur heiligen Andacht.“ Durch das Angebot von ungezählten Andachten, Prozessionen und Wallfahrten wollte er auch seine Pfarrkinder zu einem tieferen Gebetsleben führen.

Der hl. Martyrer Cyprian schrieb: „Das Fundament der Heiligkeit ist immer die Demut gewesen“. Pfarrer Brenner hätte Grund genug gehabt, stolz auf seine Leistungen zu sein, er hätte eine größere und bedeutendere Pfarre bekommen können, aber immer und überall gab er Gott die Ehre, betrachtete sich nur als Werkzeug Seiner Gnade und fürchtete die Verantwortung vor dem ewigen Richter für die ihm Anvertrauten. Als 60jähriger wählte er sich einen ganz jungen Beichtvater, dem er jedes Mal nach der empfangenen Absolution ehrfurchtsvoll die Hand küsste. „Sie vertreten die Stelle Gottes, und ich bin ein armer Sünder“ – so begründete er sein Handeln. Er gönnte seinem Körper nur kurze Stunden der Ruhe auf einem Strohsack und sein Fasten war schon fast übermenschlich. So aß er z.B. vom Gründonnerstag bis Ostersonntag nachmittags überhaupt nichts, legte in dieser Zeit aber große Fußmärsche zurück, saß viele Stunden im Beichtstuhl und zelebrierte die gesamte Liturgie der Kartage sowie des Ostersonntags. Aber auch sonst fastete er an vielen Tagen, wenn er aß, dann nur wenige und einfache Speisen. Diese Strenge sich selbst gegenüber suchte er vor den anderen zu verbergen und war für Gäste immer ein großzügiger Gastgeber. Für Bedürftige und Kranke hatte er immer eine offene Hand und sein väterliches Erbe ermöglichte ihm, überall dort zu helfen, wo es nötig war.

Auch die Priester der Umgebung blickten mit Bewunderung und Ehrfurcht auf diesen Pfarrer. Ein Dechant wiederholte immer wieder, wenn die Rede auf Pfarrer Brenner kam: „Er hat schon recht, aber wer kann sich opfern wie er?“ und ein anderer Dechant schrieb: „Wir haben viele eifrige Priester in der Diözese, aber dem Brenner ist keiner gleich. Sein Eifer und seine Tätigkeit war immer eine Strafpredigt für uns. Wir glaubten, auch unsere Pflicht zu erfüllen, aber wenn wir auch noch so viel taten, so tat er weit mehr.“

So wie es dem hl. Pfarrer von Ars erging, musste auch der Pfarrer von Roggendorf Verleumdungen, ungerechte Anschuldigungen und öffentliche Beschimpfungen ertragen. Er stellte die Dinge öffentlich richtig, aber für die, die ihm Unrecht getan hatten, hegte er nie einen Groll: „Sie wissen nicht, was sie tun“ – pflegte er zu sagen, so wie sein göttlicher Herr und Meister.

Die Erdenzeit läuft ab

„Der Herr hat ihm 61 Jahre zugemessen, und die waren abgelaufen“ – so schreibt sein Biograph nur wenige Jahre nachdem diese Zeit abgelaufen war. Im September 1867 erkrankte er, am 17. November stand er zum letzten Mal auf der Kanzel. Er war bereits so geschwächt, dass ihm sein Dechant kraft strengen Gehorsams auftrug, nicht mehr zu predigen, Beichte zu hören oder in der Schule zu unterrichten. Ein Priester aus dem Missionshaus Eggenburg übersiedelte nach Roggendorf, um die Seelsorge zu übernehmen. Bis zum Dreikönigsfest 1868 schaffte er es noch, die Heilige Messe in der Kirche zu zelebrieren, am 23. Jänner empfing er die Sterbesakramente. Als sich die Nachricht an diesem Tag verbreitete, begannen seine Pfarrkinder eine Novene zu Maria, der Mutter der immerwährenden Hilfe. Auch im Kloster in Eggenburg und bei den Redemptoristinnen in Gars und in Wien wurden ähnliche Andachten verrichtet. Pfarrer Brenner aber fügte sich vollkommen in Gottes Willen, er war bereit den Tod anzunehmen. Als ihm am Fest Mariä Lichtmess die Heilige Kommunion gebracht wurde, meinte er, es wäre wohl das letzte Mal, sein Ende wäre sehr nahe. Am nächsten Tag, den 3. Februar um 6.30 Uhr morgens gab er seinen Geist in die Hände seines Schöpfers zurück. Er starb in seinem Bett, auf einem Strohsack liegend, die Matratzen, die man ihm während seiner Krankheit bringen wollte, hatte er immer abgelehnt. Zwei Tage und zwei Nächte hindurch strömten die Menschen herbei, um von ihm Abschied zu nehmen. Am 5. Februar wurde er zu Grabe getragen und obwohl es an diesem Tag bitter kalt war, kamen zwanzig Priester und eine ungeheure Volksmenge zusammen, aus weiter Ferne eilten seine Beichtkinder und Freunde herbei, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. 

Im Jahr 1975 wurden am Friedhof Hinweistafeln angebracht: „Besucht das Grab des im Ruf der Heiligkeit verstorbenen Pfarrers Michael Brenner!“ Dieser heiligmäßige Priester ist sicher ein guter Fürsprecher auch in unserer Zeit, bestürmen wir ihn mit unseren Gebeten um seine Fürsprache! Und ein Ausspruch des heiligmäßigen Pfarrers sollte auch unser Leitspruch sein: „Ich halte mich fest an unsere hl. katholische Kirche und davon bringt mich nichts ab.“ Das muss auch für uns gelten in unserer Zeit, wo die katholische Kirche schwer verwundet und krank ist, jedoch unbeschadet derer, die sie hier auf Erden nur für eine Zeit lang vertreten, ist und bleibt sie die eine heilige und apostolische Kirche, der mystische Leib Christi, von Jesus Christus selbst gegründet, mit dem Auftrag, unseren göttlichen Herrn und Erlöser durch alle Zeiten hindurch zu verkünden und uns durch alle Stürme des Lebens in die ewige Heimat bei Gott zu führen.

 

Hier lesen Sie den ersten Teil ►

Quellen:

„Der österreichische Vianney“ - Ein Lebensbild von Anton Erdinger, Professor am Theologischen Seminar zu St. Pölten, 1873

„Pfarrer Michael Brenner“ – Ein heiligmäßiger Priester aus dem Waldviertel von Johannes Müllner, Schriftenreihe des Waldviertler Heimatbundes, Band 24, Krems 1981