Zur Vorbereitung der Chartres-Wallfahrt 2024 - Ein Interview
Lieber Herr Schlecht, alljährlich zu Pfingsten findet die große Wallfahrt der Tradition von Chartres nach Paris statt. Sie nehmen seit 1986 regelmäßig daran teil. Was begeistert Sie so sehr daran?
Für mich sind die Tage der Wallfahrt ein kurzes, aber sehr intensives Eintauchen in ein gemeinsames, betrachtendes Rosenkranzgebet mit vielen Teilnehmern aus der ganzen Welt. Physisch ist es natürlich eine Herausforderung, in drei Tagen mehr als 100 Kilometer zu laufen. Aber einerseits ein paar Tage auf den alltäglichen Komfort zu verzichten, dafür auf der anderen Seite geistig für das ganze Jahr auftanken, im Glauben und in der Treue zu den Standespflichten gestärkt zu werden, das ist schon eine ganz besonders gnadenvolle Bereicherung. Im Prinzip kann man von dreitägigen Kurzexerzitien sprechen.
In Deutschland gibt es mit Fulda und Altötting zwei ganz großartige Wallfahrten, sozusagen vor der Haustüre. Warum lohnt es sich dennoch für Deutsche, nach Chartres zum Pilgern zu fahren?
Die Wallfahrten von München nach Altötting und in Fulda sollten für uns ja eigentlich eine Art Pflichtprogramm sein und bei jedem Gläubigen ihren festen Platz im Jahreskalender haben. Sind unsere Wallfahrtsorte nicht die „heimlichen Hauptstädte Europas“, wie es Konrad Adenauer mal sagte? Was aber die Wallfahrt von Chartres nach Paris so eindrucksvoll zum Ausdruck bringt, ist die große Verbundenheit der vielen Pilger aus ganz unterschiedlichen Ländern und Kulturen, die im gemeinsamen Gebet und Opfer für den Triumph seiner Kirche vereint sind. Großer Gott, wir loben Dich!
Ganz besonders ist auch der familiäre und katholische Geist, der sich hier in drei Tagen einatmen lässt. Die Begeisterung der Kinder und Jugendlichen, die Tapferkeit der älteren Pilger zu sehen, sich am apostolischen Feuer der Ordensleute, Seminaristen, Priester und Bischöfe ein wenig zu wärmen – selbst wenn man mal bei Wind und Regen auszukühlen droht. So ist es wie im Leben: Es scheint zwar nicht immer die Sonne am Himmel, aber im Herzen. Und das Ziel ist klar und gemeinsam leichter erreichbar – all das ist etwas ganz Besonderes.
Die Wallfahrt ist mit Tagesetappen von jeweils über 30 Kilometer recht anspruchsvoll. Worauf müssen sich Teilnehmer einstellen?
Man sollte physisch schon ein wenig belastbar sein, sich und seine Grenzen gut einschätzen und erkennen können. Man muss aber nicht die ganze Strecke laufen. Für alle, die nicht mehr können, stehen Busse bereit, die einen etappenweise transportieren können. Das Gepäck muss man übrigens nicht selbst tragen, das wird morgens von Lastwagen eingesammelt und befindet sich abends bereits am Zielpunkt. Nur das, was man für den Tag über benötigt – vor allem Lebensmittel und Kleidung – muss man mit sich führen. Getränke werden einem während der gesamten Wallfahrt von französischen Pfadfindern gereicht. Und an den Punkten, wo die Pausen stattfinden, opfern sich liebevolle geistliche Schwestern auf, um die Füße von Pilgern zu pflegen, die sich Blasen gelaufen haben. Schon oft habe ich Teilnehmer erlebt, die sich auf die geistliche Nahrung konzentrierten, sich aktiv an Gebet, Gesang und Betrachtungen beteiligten und auf der Rückfahrt ganz erstaunt waren, dass sie diese Herausforderung geschafft haben. Es ist also alles möglich!
Wem würden Sie die Teilnahme an der Wallfahrt besonders empfehlen?
Ganz zuerst natürlich allen, die noch nicht dabei waren. Die Erfahrung zu machen lohnt sich wirklich! Wer im Glauben auf der Suche ist, etwas aufopfern möchte, vor einer wichtigen Entscheidung steht, sich die Frage nach der Standeswahl stellt… es gibt ganz viele Gründe, mit dabei zu sein. Einfach mitkommen und Freunde, Verwandte, Kollegen einladen und mitbringen zu dieser immer wieder einmaligen Pélérinage de Tradition!