Das Unvermögen

Quelle: Distrikt Österreich

Die Zeit, die wir hier auf Erden verbringen ist gekennzeichnet durch das Walten der göttlichen Barmherzigkeit. Man kann sich verirren, sündigen und aus der Verirrung zurückkehren, indem man nicht mehr sündigt; denn wenn man sich wieder verirrt, so gering es auch sei und wieder zurück­kehrt, waltet die göttliche Barmherzigkeit immer.

Außerdem können wir die Früchte unserer guten Taten beim Tode ernten, wenn nicht schon auf Er­den. Es ist auch möglich, sich noch mehr Gnaden zu verdienen. Aber beim Tod hört jedes Verdienst auf, denn die Seele hat nicht mehr die freie Wahl zwischen Gut und Böse. Das ist die Zeit der Gerechtigkeit der Ernte.        

Im Fegefeuer weiß sich die Seele geschaffen für den Himmel, denn sie hat trotz ihrer Fehler für Gott gestimmt. Aber für sich selbst etwas zu tun, ist sie nicht mehr in der Lage. Sie ist wie in der Nacht, wo sie nicht mehr arbei­ten kann, noch Verdienste sammeln kann (Joh 9,4). Sie ist wie der Gelähmte, der geheilt werden will und sich nicht in das Badebecken werfen kann, wenn das Wasser vom Engel bewegt wird, so wie ihn andere Kranke daran hindern, die ihm immer zuvorkommen (Joh 5,9).

Deshalb kann die Seele ihr Leiden nicht mildern, trotz ihrer Liebe zu Gott, trotz ihrer Ergebung in das Leiden, das sie verdient hat. Aber die Barmher­zigkeit Gottes kann für sie eintreten, dank unseres Gebetes und Wandels.

Wenn wir für sie beten und für sie Akte der Liebe vollbringen, erleichtern wir ihre Befreiung, sowohl was ihre Qual, als auch die Dauer anbelangt.

Wenn die Menschen sich im Gebet vereinen oder gemeinsam Werke der Liebe vollbringen, helfen sie den Seelen im Fegefeuer, denn das Reich Gottes breitet sich wieder etwas mehr auf der Erde aus. Man erzeugt dadurch einen Widerhall und ein Strahlen im Jenseits zugunsten der Seelen im Fe­gefeuer, zur Freude der Heiligen und Engel im Himmel. Es ist wie mit einem ausgezehrten Kör­per; wenn man ihm Nahrung gibt, geht es dem gan­zem Leib besser, nicht nur dem Magen. Oder wie mit Kindern, die man erzieht: Sie bringen durch ihre Erziehung Segen auf andere Kinder und tragen zur Entwicklung des ganzen Milieus bei, in em sie später leben werden.

Ermahnung

Solange wir auf dieser Welt sind und es noch Tag ist, müssen wir mitarbeiten bei den Werken Gottes, und die Talente, die wir empfangen haben, Frucht bringen lassen (Mt 25,14-30). Welches Mitleid müs­sen wir doch für die Seelen im Fegefeuer empfinden, die ohnmächtig sind, ihre Qualen zu mildem oder abzukürzen, da wir doch tausend Mittel haben, ihr Los zu erleichtern. Durch ihr Gebet erreichten Mar­tha und Maria die Auferweckung des Lazarus; durch unser Gebet können auch wir viel für unsere Verstor­benen erreichen. Lassen wir uns ihr Heil am Herzen gelegen sein, zum Ruhme Gottes, zu ihrem Glück und zu unserer Freude.

Gebet

Herr, ich weiß, dass man «durch den Glauben Berge versetzen kann» und, «wir alles können in Dei­nem Sohn, der uns stärkt», und bitte Dich, erleichtere die Qualen der Seelen im Fegefeuer und kürze sie ab, dass sie «die ganze Liebe Deines Sohnes fühlen, die ausgegossen ist in unseren Herzen» und die wir ihnen vermitteln. Dass sie von ihren Qualen befreit sein mögen und in dem Reich eingehen können. Herr, wir bitten Dich darum, Dich, der gut ist durch alle Zeit bis in Ewigkeit.

Maria, Trösterin der Betrübten, gnadenreiche Mutter, sieh an meine Brüder, die durch das Gewicht der Qualen niedergedrückt sind. Du hast einst bei der Folter des Kreuzes getröstet; auf meine Fürsprache hin mögest du meinen leidenden Brüdern zu Hilfe eilen und ihnen ihre Qual erleichtern, indem du sie stärkst in der Gewissheit, dass Gott sie für den Himmel bestimmt hat.

Herr, mögen die Seelen der verstorbenen Gläubigen durch deine Barmherzigkeit ruhen in Frieden.

 

Quelle: Mit freundlicher Genehmigung des Parvis-Verlages aus dem Buch "Arme-Seelenmonat" von J.-M. Girardin 

 

Ende unserer Betrachtungen im Arme-Seelen-Monat November, Fortsetzung im November 2024!