Von der Schönheit des Meeres
„Und Gott sah, dass es schön war“. Mit diesem Ausdruck will nicht etwa gesagt sein, das Meer habe auf Gott einen gefälligen Eindruck gemacht. Denn der Schöpfer sieht die Schönheiten der Schöpfung nicht mit Augen, sondern er betrachtet die Dinge in seiner unerforschlichen Weisheit. Ein entzückendes Schauspiel ist es um das weißschäumende Meer, wenn lautlose Stille es umfängt; entzückend auch, wenn sanftes Windes Wehen seinen Rücken kräuselt und es bald purpurrot, bis dunkelblau aufleuchtet, wenn es nicht ungestüm das nahe Ufer peitscht, sondern gleichsam in friedlicher Umarmung es kosend umspült. Aber nicht so, dürfen wir glauben, hat die Schrift es gemeint, da sie sagt, Gott habe das Meer entzückend und schön gefunden: vielmehr wird hier das Schöne nach dem Zweck der Schöpfung beurteilt.
Demnach ist das Meer vor allem schön, weil das Meereswasser die Quelle aller Erdfeuchtigkeit ist. Ist es von den Sonnenstrahlen erwärmt, so gibt es das leichte Wasser in Form von Dunst ab, der, in die obere Region emporgegangen, dann erkaltet wegen der hohen Lage, in der die Strahlenbrechung am Erdboden nicht mehr wirksam ist, und dann, durch den Wolkenschatten noch weiter abgekühlt, sich schließlich in Regen verwandelt und die Erde befeuchtet. Das wird doch niemand bezweifeln, der beobachtet hat, wie mit Wasser gefüllte Kessel über dem Feuer oft sich entleerten, weil alles siedende Wasser darin sich in Dunst auflöste. Aber man kann auch sehen, wie die Seeleute das Meerwasser sieden und die Dünste mit Schwämmen auffangen, um in der Not wenigstens einigermaßen das Bedürfnis zu befriedigen.
Das Meer ist auch noch auf andere Weise schön vor Gott, weil es die Inseln umschließt und ihnen Reiz verleiht und Sicherheit bietet. Ferner ist es auch schön, weil es die entlegensten Länder miteinander verbindet, den Seefahrern einen ungehinderten Verkehr gewährt, durch die es uns auch Neuigkeiten bringt, den Kaufleuten Reichtum verschafft und leicht die Lebensbedürfnisse befriedigt, indem es den Produzenten die Ausfuhr ihres Überflusses ermöglicht, denen aber, die Mangel leiden, die Beschaffung des Fehlenden erleichtert.
Doch wie kann ich die ganze Schönheit des Meeres, wie sie sich dem Auge des Schöpfers darstellte, genau sehen? Ist aber das Meer schön und lobenswert vor Gott, wieviel schöner ist dann die Versammlung einer solchen Gemeinde, in der die vereinte Stimme der Männer, Frauen und Kinder gleich einer ans Ufer schlagenden Welle in unseren Gebeten zu Gott emporsteigt? In tiefer Ruhe steht sie unerschüttert da; die Geister der Bosheit konnten mit ihren häretischen Lehren sie nicht in Verwirrung bringen. Macht euch würdig des Wohlgefallens vor dem Herrn dadurch, dass ihr diese schöne Ordnung aufs ehrenvollste wahrt in Christus Jesus, unserem Herrn.
Hl. Basilius der Große: Sechstagewerk 4, 7