Die hl. Hemma von Gurk

Quelle: Distrikt Österreich

Relief im Gurker Dom

Die hl. Hemma von Gurk, deren Fest wir alljährlich am 27. Juni feiern und die wir als Landesmutter von Kärnten verehren, wurde gegen Ende des ersten Jahrtausends als Tochter des Grafengeschlechtes von Friesach-Zeltschach, geboren. 

Als einziges Kind ihrer Eltern und somit künftige Alleinerbin von großen Ländereien schickte man sie im frühen Kindesalter an den Hof ihres Onkels und späteren Kaisers Heinrich II. nach Regensburg, wo sie nicht nur eine standesgemäße Erziehung erfuhr, sondern eine Bildung erwarb, die sie hoch über andere Frauen ihres Standes hob und wo sie lernte, sich in christlicher Tugend und Frömmigkeit zu bewähren.

Nach ihrer Rückkehr aus Bayern heiratete sie Graf Wilhelm von der Sann, der ein tatkräftiger und edler Fürst war mit einem großen Landbesitz in der südlichen Steiermark und ein treuer Freund des Kaisers. Hemma brachte eine reiche Mitgift in die Ehe, neben dem ausgedehnten Landbesitz bestand ihr Reichtum auch in den Erträgen aus den Gold- und Silbergruben in Zeltschach, wo über 700 Knappen im Dienste der Gräfin arbeiteten. Der Ehe mit Graf Wilhelm entsprossen zwei Söhne, Wilhelm und Hartwig, und somit besaß Gräfin Hemma alles, was sie hier auf Erden glücklich machen konnte: Klugheit, Reichtum, Schönheit und eine Familie.

Die gute Beziehung ihres Ehemannes zum Kaiserhaus blieb auch bestehen, als 1024 Kaiser Heinrich starb und Konrad II. zum Kaiser gewählt wurde. Von ihm erhielt Graf Wilhelm weitere Schenkungen, damit aber auch weitere Aufgaben, bei deren Bewältigung Gräfin Hemma ihn mit ihrem Rat tatkräftig unterstützte. Das Land war nur dünn besiedelt und von Urwald bedeckt, so mussten zunächst große Gebiete gerodet werden, um Menschen ansiedeln zu können und ihnen eine Lebensgrundlage zu geben. In weiterer Folge förderte Hemma die Christianisierung durch den Kirchenbau und die Anstellung von Geistlichen, damit legte sie den Grundstein für die späteren Pfarreien. 

Mehr und mehr wuchs Hemma in ihre Aufgabe hinein und nicht nur ihr Ehemann, sondern auch andere bedeutende Persönlichkeiten des Landes hörten auf ihren klugen und besonnenen Rat. Sie, die selbst den Wert der Bildung am Herzogshof in Bayern erfahren hatte, sammelte andere gebildete Frauen um sich und lud junge Menschen ein, an die sie ihr Wissen weitergab. Nicht nur Wissbegierige suchten sie auf, sondern auch zahllose Arme und Kranke kamen mit ihren Nöten und Bedrängnissen zu ihr, wohl wissend, dass sie bei ihr stets ein offenes Ohr fanden. Damals wirkte sie wohl noch keine Wunder, aber sie konnte trösten, helfen und lindern. Ihren Reichtum und die damit verbundene Macht hatte sie von Anbeginn an als eine von Gott gegebene Aufgabe verstanden und sie versuchte, ihrer hohen Verantwortung gerecht zu werden.

Schwere Schicksalsschläge

Als ihre Söhne erwachsen waren, übertrug sie ihnen die Aufsicht über die Silbergruben in Friesach und Zeltschach. Eines Tages entstand ein Aufruhr unter den Knappen und nun legte sich ein schwerer Schatten über das bisher so glückliche Leben der Gräfin Hemma: Beide Söhne wurden bei diesem Aufstand erschlagen. In seiner Wut und Verzweiflung übte Graf Wilhelm furchtbare Rache, nicht nur an den Übeltätern, auch viele Unschuldige fanden bei der Niederschlagung des Aufstandes den Tod. 

Hemma, die durch den Tod ihrer Söhne schwer getroffen war, hatte ihr Herz nicht vor Gram verhärtet und wies jeden Rachegedanken von sich. In einer der erhaltenen Stiftungsurkunden können wir heute noch lesen, dass sie in all ihrem Tun und Handeln stets auf den Himmel bedacht war, so auch in dieser furchtbaren Situation. Umso trauriger war sie über das Handeln ihres Ehemannes. Sie half den Familien der Ermordeten und sie brachte Wilhelm schließlich dazu, seine Taten zu büßen. Reumütig beschloss er, als einfacher Pilger nach Rom zu ziehen, um die Vergebung seiner Taten zu erlangen. Hemma sollte ihn nie wiedersehen. Am Rückweg starb Markgraf Wilhelm als einfacher Pilger in einer Scheune im Lavanttal.

Am Höhepunkt des Lebens war sie nun zur Witwe geworden, sie hatte das, was ihr auf dieser Erde am meisten bedeuten musste, nämlich ihre Familie, verloren. Als äußerst kluge und tapfere Frau aber war sie gewiss, dass das Leid, wenn es mit Christus getragen wird, in die ewige Seligkeit führt. Geblieben war ihr Reichtum, der für sie nie etwas anderes war, als eine von Gott verliehene Aufgabe und hier fand sie nun zu ihrer wahren Berufung. Auf den ausgedehnten Gütern ihres Landbesitzes lebten Menschen, die von ihr abhingen, für die sie Verantwortung trug, für ihr seelisches und leibliches Wohl. Das musste gesichert werden über ihren Tod hinaus. In jenen Jahren wurde sie zur wahren Landesmutter, als die sie in die Geschichte Kärntens eingegangen ist.

Kirchenbauten und Klostergründungen

Auch wenn sich leider heutzutage viele dieser Tatsache nicht bewusst sind: alle heutigen sozialen Einrichtungen haben ihre Wurzeln in den Klöstern des Mittelalters. Ihnen oblag die öffentliche Fürsorge, sie waren die Lehrmeister für Bauern und Handwerker und sie waren die Träger von Bildung und Kultur.  Mönche und Nonnen waren die Architekten der Hochkultur unseres Kontinents, sie waren aber auch diejenigen, die sich der Armen und der Bedürftigen annahmen.

Hemma wollte also ihren großen Besitz nicht zur Machtausübung verwendet wissen, sondern durch die Stiftung von Klöstern und Pfarren schaffte sie Einrichtungen, die den Bewohnern durch Rodung und Kultivierung des Bodens eine solide Lebensgrundlage boten. In ihren Kloster- und Pfarrschulen wurden die Menschen gebildet und hier erhielten sie ein sittlich-religiöses Fundament. Durch den Kirchenbau und die Klostergründungen half sie den Armen somit dauerhaft. Von neun Kärntner Pfarrkirchen ist es aufgrund der Urkunden gesichert, dass sie von der heiligen Hemma erbaut wurden, nach mündlicher Überlieferung sind es jedoch bedeutend mehr. Sie ist auch die Stifterin des Männerklosters in Admont, das aber erst nach ihrem Tod gebaut wurde.

Der künftige Gurker Dom entsteht

Ihre besondere Liebe galt ihrem Heimatsitz Gurk und sie beschloss, hier die schönste und größte ihrer Kirchen – der Gottesmutter geweiht - zu bauen, auch ein Frauenkloster sollte neben der Kirche entstehen. Im schlichten Witwenkleid fand sie sich tagtäglich an der Baustelle ein und überwachte persönlich die Bauarbeiten, persönlich zahlte sie auch die Löhne aus. Es war ihr wichtig, dass die Arbeiter gerecht entlohnt wurden und daher mit Freude und Eifer am Werk waren.

Eine Anekdote ist uns aus dieser Zeit überliefert: An einem Auszahlungstag war ein neuer Arbeiter unzufrieden mit seinem Lohn und seine Unzufriedenheit steckte auch die anderen an. Als Hemma merkte, was vorging, rief sie den Arbeiter zu sich und reichte ihm ihren Geldbeutel mit der Aufforderung, er solle sich selbst nehmen, was er seiner Meinung nach heute verdient habe. Gierig langte der Arbeiter zu, füllte beide Hände mit Geld und steckte es ein. Als er jedoch später vor seinen Kameraden angeben wollte und das Geld nachzählte, hatte er genau den gleichen Betrag in Händen, den ihm Hemma zuvor bezahlt hatte. Beschämt verließ er den Ort. In den Unterkünften der Arbeiter aber flüsterte man an jenem Abend, dass Hemma ganz gewiss eine Heilige wäre.

Am 15. August 1043 wurde die Kirche vom Salzburger Erzbischof Baldwin eingeweiht und Nonnen vom Kloster Nonnberg in Salzburg zogen in das neue Kloster in Gurk ein. Als Stifterin des Klosters hatte Hemma das Recht, im Kloster zu wohnen, ohne durch die Gelübde gebunden zu sein. Ihre letzten zwei Lebensjahre verbrachte sie hier, bevor sie am 29. Juni 1045 starb. Nur 27 Jahre später, im Jahr 1072  erfolgte die Gründung des Bistums Gurk und der Salzburger Erzbischof Gebhard (1010-1088) weihte den Edlen Gunther von Krappfeld zum ersten Bischof von Gurk, der damit auch den Großteil jener Güter empfing, mit denen Hemma einst das gestiftete Kloster ausgestattet hatte.

Heiligsprechung nach 900 Jahren

Mehr als 100 Jahre ruhte die Gräfin Hemma in einem einfachen Erdgrab auf dem Gurker Friedhof, bevor ihr ein fürstliches Grabmal in der Krypta des neuen Gurker Domes errichtet wurde. Schon bald entwickelte sich ihr Grab zu einem bedeutendem Wallfahrtsmittelpunkt. Das Volk hatte ihre Wohltaten nicht vergessen. Die Armen und Kranken kamen weiter zu ihrer Gräfin, die jetzt im Grab ruhte und viele Male erhörte Gott ihr Flehen auf die Fürbitte der hl. Hemma. Bald schon sprach man von ihr als von einer Heiligen, bald schon berichteten die Menschen von Wundern. Im Jahr 1287 wurde sie seliggesprochen, ihre Heiligsprechung aber ließ sehr lange auf sich warten, trotz der zahlreichen, gut dokumentierten Wunder. Es war Papst Pius XI., der sie im Jahr 1938 schließlich zur Ehre der Altäre erhob. Und nicht weil sie so viele Kirchen gebaut und zwei Klöster gegründet hatte, wurde sie heilig gesprochen, sondern weil sie die Gottes- und Nächstenliebe heroisch gelebt hatte. Ihr Reichtum hatte sie nicht zur Gier verführt und das Leid, das sie erleben musste, nicht mit Hass erfüllt, sondern es öffnete ihr Herz für das Leid der Armen. 

Welche Größe muss diese heilige Frau Kärntens gehabt haben! Ihre Spur hat sich tief in die Bevölkerung des Landes eingegraben, 900 Jahre lang blieb ihr Andenken im Volk lebendig, wurde sie von den Menschen verehrt, bevor sie zur Heiligen ernannt wurde. Rein äußerlich betrachtet waren es die Wirrnisse der Geschichte des Landes, die ihre Heiligsprechung immer wieder hinauszögerten: Türkeneinfälle, Reformation, Gegenreformation, französische Revolution, Freiheitskämpfe gegen Napoleon und schließlich der erste Weltkrieg. Vielleicht aber war es die Vorsehung Gottes, dass die Heiligsprechung der hl. Hemma erst im 20. Jahrhundert erfolgen sollte, mit dem eine Zeit anbrach, die so sehr von der Gier, vom Konsum und vom Machtstreben erfüllt ist wie nie zuvor, eine Zeit noch nie dagewesenen Wohlstands, zugleich eine Zeit, in der immer mehr Menschen vom wahren Glauben abfallen. Vielleicht möchte Gott uns diese Heilige, der das Land Kärnten und ganz Österreich so viel verdankt, als Beispiel in unsere Zeit stellen, uns erneut vor Augen führen, dass Er allein unser einziges und letztes Ziel ist - denn so hat die hl. Hemma ihr Leben verstanden, aus dieser Überzeugung hat sie gelebt. Aus diesem Verständnis heraus hat sie ihren Reichtum verwendet, hat sie die Menschen ihrer Zeit geführt, nicht nur zu einem besseren irdischen Leben, sondern und vor allem gab sie den Menschen ein Beispiel von ihrem felsenfesten Glauben an Jesus Christus. Aus dieser tiefen Verbundenheit mit unserem Herrn wurde der Glaube in der Bevölkerung verwurzelt und breitete sich über ganz Karantanien, wie Kärnten damals hieß, aus. Die vielen Hunderte von Kirchen und Kapellen in den Tälern und auf den Bergen sind heute noch Zeugen von diesem unerschütterlichen Glauben.

Auf die Fürbitte der hl. Hemma sind ganz besonders viele Blinde sehend geworden. Diese große Heilige Österreichs ist ganz gewiss eine gute Adresse, an die wir uns wenden können in einer Zeit, in der es so viele geistig Blinde gibt, die Gott nicht mehr zu erkennen vermögen und deren Blindheit weitaus schlimmer und gefährlicher ist als die physische Blindheit, denn auf den Wegen, auf die sie führen, geraten immer mehr Menschen in die Irre. Heilige Hemma von Gurk, bitte für unser Vaterland und seine Bewohner!  

  

Das Tagesgebet vom Fest der hl. Hemma am 27. Juni:

Wir bitten Dich o Herr, gib Deinen Gläubigen eine solche Gottesliebe, dass sie durch die Feier der hl. Hemma angeeifert, weder in Irrtümer verstrickt noch von irgendwelchen Unglücksfällen niedergebeugt werden, dass sie vielmehr aus Deinen heilsamen Anordnungen Nutzen ziehen, Weltverachtung lernen und durch Deine lebensspendenden Hilfsmittel unterstützt werden.


Die Priesterbruderschaft St. Pius X. betreut in der Kärntner Landeshauptstadt Klagenfurt die Kapelle St. Hemma am Villacher Ring. Am 16. Juni 1975 wurde die erste Hauskapelle vom Klagenfurter Dompfarrer Prälat Friedrich Vögel im Haus der Familie Fritz am Villacher Ring eingeweiht. In den ersten Jahren waren die Zelebranten der tridentinischen Messe in dieser Kapelle P. Hubert Osprian OFMCap aus dem Klagenfurter Kapuzinerkloster und Pfarrer Prof. Johannes Pettauer aus Altenmarkt, der konsequent am Tridentinischen Ritus festhielt. Seit 1981 wirkt die Priesterbruderschaft St. Pius X. in Klagenfurt, 1991 wurde die kleine St. Hemma Kirche eingeweiht.